Das italienische Bluesquartet Morblus hat seit langem wieder einmal ein Studioalbum veröffentlicht. Green Side ist die erste Studioveröffentlichung seit 2006 (der etliche ausgezeichnete Live-Aufnahmenentgegenstehen). Die 14 Songs sind mit einer Ausnahme Eigenkompositionen und das Cover — Albert Kings Slow Blues I Believe to My Soul — ist eine bemerkenswerte Wahl. Die Band zeigt, dass sie sich durch das intensive Touren der vergangenen Jahre ideal aufeinander eingespielt haben, die gesamte CD klingt enorm flüssig und die Musik kommt stets mit einer Frische und Leichtigkeit aus dem Lautsprecher, dass es eine wahre Freude ist. Wie bei einem gut eingespielten Sportteam oder einer gut geölten Maschinerie stimmt bei Morblus das Ineinandergreifen der einzelnen Elemente bis ins kleinste Detail. Das macht ihre Musik so einzigartig.
Eine Beschreibung wird der Qualität dieser Musik wirklich nicht gerecht, sie verdient gehört und immer wieder gehört zu werden, denn was die vier italienischen Herren da bieten, ist wirklich Sonderklasse. Es ist natürlich einerseits mehr vom Selben: Die Band stellt sich hin und spielt ihren inzwischen charakteristischen Sound. Mitreissend und durchgehend funky, Gitarre und Gesang im Vordergrund, Hammond-Orgel als tatkräftige Unterstützung und gleichberechtiger, aber zurückhaltender Partner und eine Rhythmussektion, die einfach niemals aufgibt. Bei Gitarrist Roberto Morbioli, Tastenmann Daniele Scala, Bassist Stefano Dallaporta und Schlagzeuger Diego Pozzan (Schlagzeug) steht weiterhin der Groove im Zentrum, aber im Gegensatz zu früheren Alben ist diese Veröffentlichung nochmal einiges feiner. Die harten an Stevie Ray Vaughan erinnernden Klänge wurden etwas zurückgebunden und das hat Raum gegeben, durch den das Ensemble weiter zusammen zusammenwachsen konnte. Ihre Musik ist von Stück zu Stück wirklich begeisternd und abwechslungsreich.
Unverändert ist der Gesang eine weitere Stärke von Morblus, Roberto Morbiolis Stimme ist perfekt eingepasst und er singt mit Autorität und einem gerechtfertigten Selbstvertrauen. Somit ist jeder Aspekt von Green Side grossartig. Daniele Scala zeigt diesmal vor allem, was in seiner Orgel steckt, seine Harp-Fähigkeiten sind diesmal weniger gefragt, und auch er ist jederzeit der Aufgabe mehr als gewachsen. Soviel Hammond war schon lange nicht mehr zu hören.
Die meisten Titel vertrauen auf treibende Rhythmen und druckvolle Riffs. Der Titelsong Green Side weicht als Slow Blues davon ab, mit fast 7 Minuten Laufzeit ist es eines der längeren Stücke. Nach barockartig üppigem Intro folgt ein Slow Blues mit luftigem Gitarrenriff, bei dem der spezifische Gitarrensound perfekt zu hören ist: irgendwo zwischen Tele und Strat ist der Sound kernig, aber er brüllt nicht, sondern bleibt zivil und perlend. Das Instrumental Blues On Top ist ein Paradebeispiel für die Kunst der Band: Im Zentrum steht ein beneidenswert schöner Gitarrenton, sowohl bei den Akkorden wie bei den Einzelnoten in den Soli. Dazu gesellt sich die Orgel und der Dialog zwischen beiden wird unterstützt von der Rhythmus-Sektion. Die Obertöne von Orgel und Gitarre fliessen zusammen und bilden einen musikalischen Baldachin, unter dem Roberto Morbioli sein Solo mehr tanzt denn rockt. Einfach grossartig.
Blow Me Up ist ein Showcase für das Schlagzeug. Der Titel wird geradezu gepeitscht. Eine wunderbarer Titel. Auf I’m in The Blues gibt es eine Passage, bei der Morbioli zur Gitarre singt wie es einst Albert Collins oder Luther Allison praktizierten. Der Coversong schliesslich, eine Slow-Blues-Ballade mit dem Titel I Believe to My Soul ist durch Albert King bekannt geworden und die Animals mit ihrem Leadsinger Eric Burdon haben den Titel in den 1960er Jahren auch gespielt. Hier versucht sich also Morblus an diesem viel zu selten gespielten Knaller, und sie setzen dabei auf den Einsatz von Background-Frauenstimmen, was zunächst überrascht, aber gut zur eigenen Interpretation passt. Mit 7:25 der längste Titel, ist I Believe to My Soul eine würdige Neuinterpretation, die den Vorbildern King an der Gitarre und Burdon am Mikrophon gerecht wird.
So hat jeder Titel auf dieser durchwegs gelungenen Scheibe sein spezielles Appela, aber allen gemeinsam ist der luftige transparente Sound und die Spielfreude, die jede Note befeuert.