Goin Home A Tribute to Fats Domino
Gelungenes Tribut Album
Der 1928 geborene Fats Domino ist nicht nur ein Genie am Klavier, er steht auch für einen ganz eigenen Sound, eine New Orleans-beeinflusste Form der Rock’n’Roll, die ihn abhebt von Jerry Lee Lewis oder Chuck Berry, und die ihm sagenhafte Erfolge verschaffte in den 1950 bis frühen 1960er Jahren, mit einem Auftritt in der Show von Ed Sullivan 1956. Der Mann aus New Orleans hat unzählige Musiker beeinflusst mit seinem weichen und rollenden Stil, seiner Musik voller Drive, die dennoch gemütlich und entspannt ist. Seinen grössten Hit Blueberry Hill interpretiert hier Sir Elton John, der kräftig in die Tasten haut und sich mit jedem Anschlagg wie auch mit dem Gesang beim Vorbild Domino zu bedanken scheint. So viel Spielfreude war schon lange nicht mehr zu hören beim flamboyanten Engländer.
Die Musik ist sehr vielseitig und auch nicht ausgesprochen Piano-lastig. Einen sehr aufsässigen Blues mit einer grossartigen sägend angezerrten Gitarre als Begleitung bietet Lucinda Williamsauf Honey Chile, hier ist der Domino-Groove praktisch vertrieben, aber sie bietet eine wunderbare Interpretation. Olu Dara and The Natchezippi Band feat. Donald Harrison, Jr. mit ihrer Lesung von When I See You ist moderner cooler Jazz. Ebenso I’m Gonna be a Wheel Someday von Herbie Hancock, George Porter, Jr., Zigaboo Modeliste & Renard Poche'. Be My Guest von Ben Harper und den Skatalites ist pures Jamaica und zum hinschmelzen schön.
Etablierte New Orleans-Grössen wie Irma Thomas mit Marcia Ball, Dr. John und die Sippschaft Neville mit unterschiedlichen Vertretern finden sich mit ihren Tributsongs ebenso wie eher unerwartete Musiker wie Bruce Hornsby, Randy Newman oder Paul McCartney, dessen Gesang auf I Wanna Walk You Home vom wie immer überirdisch souveränen Allen Toussaint begleitet wird und wohl den Gesangsstil Fats Dominos am besten imitiert.
Sehr erstaunt war ich von Neil Youngs Fassung von Walking To New Orleans, das hier als grosse Ballade daherkommt, fast wie der späte Elvis es interpretiert hätte, mit viel Streichern und Pathos, so gar nicht nach Art des Neil Young mit seiner Band Crazy Horse. Etwas enttäuschend oder zumindest vorhersehbar ist Norah Jones‘ Fassung von My Blues Heaven, auf dem sie mit ihrer Engelsstimme glänzt, dass sich aber musikalisch nicht unterscheidet von anderen Jones-Covers wie Comes Love oder Cold Cold Heart. Aber die Grenze zwischen feinem Gesang und lustloser Interpretation zieht schliesslich jeder anders, ich fand Frau Jones eben für einmal etwas sehr nichtssagend. Auf der anderen Seite ist der Titelsong – Goin‘ Home – hier von B.B. King interpretiert, auch nicht anders als erwartet, aber hier bin ich froh drum…
Spezielle Erwähnung verdient Robert Plant. Der Led Zepplin-Sänger brilliert hier mit zwei Covern, einerseits mit It Keeps Raining (mit Lil Band o‘ gold) und andererseits mit Valley of Tears (mit dem Soveto Gospel Choir). Beide Titel sorgen für garantierte Gänsehaut. Und wie schon auf Raisin‘ Sand singt Robert Plant mit höchstes Konzentration und legt Emotionen in jede Silbe.
Alle Titel wurden für die Kompilation eingespielt (selbstverständlich mit Ausnahme von John Lennon, dessen Ain’t That a Shame auf irgend einem alten Tape zum Vorschein kam, das aber frisch und aktuell klingt – so richtig typisch Lennon). One Night (of Sin) ist aus einer Liveaufnahme eines Konzerts von Corinne Bailey Rae entstanden, es ist als einzige keine Studioaufnahme. Der Titel stammt übrigens nicht von Fats Domino, der ihn aber auch meisterlich interpretierte. Ursprünglich stammt der Hit, den bekanntlich auch Elvis Presley und Willie DeVille interpretierten, von Smiley Lewis (1913–1966), einem New Orleans-Pianisten wie Domino selbst, der auch I Hear You Knocking schrieb. Smiley Lewis war aber im Vergleich zu Fats Domino nur durchschnittlich begabt und er wurde deshalb von diesem aus dem Bühnenlicht verdrängt wurde oder wie Journalist Tony Russell schrieb – hinfortgespült.
Hinweggespült wird man auch als Hörer dieser pulsierenden Lebensfreude, die einst Fats Domino in die Songs legte, und die nun auch von seinen Nachahmern verbreitet wird. Ein wunderbares Album, bei dem man die erste CD nur wiederwillig aus dem Player nimmt und auch nur deshalb, weil man dann die zweite anhören kann.
Goin Home A Tribute to Fats Domino (2007)