Ben Harper und Charlie Musselwhite - Get Up!
Oftmals war die Grammyverleihung schon ein Hinweis auf Trends in der Musik. Man denke an die Unplugged-Welle der 90er Jahre. Der Grammy 2014 in der Kategorie Blues Album wurde vergeben für das Album Get Up!, eine Zusammenarbeit von Ben Harper mit Charlie Musselwhite. Hoffentlich erweist sich auch dieser Grammy als wegweisend, denn es wäre zu begrüssen, wenn das Konzept einer intensiveren Zusammenarbeit mehr zu beobachten wäre. Der Grammy für Get Up! geht nicht an eine Sammlung von Einzeltitel mit «featuring» Gastauftritten, sondern er zeichnet vielmehr eine tiefe Kooperation aus, eine Konversation zwischen zwei Seelen, wenn man so will. Get Up! Ist zu Recht der Gewinner in diesem Jahr, ein Album, das bedeutend ist und zeitlos, weil es sich auf die Kerntugenden guter Musik beschränkt.
Ben Harper ist wie Charlie Musselwhite ein Roots-Musiker, wenn man seine bisherigen Werke auch mehr in der Sparte R&B findet als beim Blues. Auf dem neuen Albuum, das vor genau einem Jahr veröffentlicht wurde, zeigt er nun tiefe Gefühle und seine bluesige Seite. Der jüngere Kalifornier lernte Bluesveteran Musselwhite aus Mississippi, bzw. Chicago bereits 1996 am Bryon Bay Blues Festival kennen, 1997 gab es für John Lee Hooker eine erste Zusammenarbeit. Mehrere Kooperationen folgten (auf Solomon Burkes Don't Give Up on Me von 2002 und auf Musselwhites eigener Publikation Sanctuary von 2004 sowie der «Gegenbesuch» auf Homeless Child von Harpers Both Sides of the Gun (2006)), und mit Get Up! Gibt es nun eine erste offizielle Veröffentlichung der beiden.
Die Kooperation von Harper mit seiner stark an Marvin Gaye erinnernde Stimme (nicht umsonst macht er eine exzellente Version von Sexual Healing) und dem tiefen Blues von Musselwhite, der Raum und Gestaltungsfreiheit für seine Harmonica hat, wie es einem Grandseigneur gebührt. Die Musik ist Roots-Sound, nicht immer Blues-Schema, aber stets bluesig im Feeling. Die Songs sind wütend, nicht nur der Anti-Kriegstitel I Ride at Dawn, der einem gefallenen Freund gewidmet ist. Insgesamt sind die Titel wütend, stark, emotional und roh. Das macht jeden Titel besonders, das überträgt sich auf der Aufnahme. Perfekt.
Gemeinsam mit Gitarrist Jason Mozersky, Bassist Jesse Ingalls und Schlagzeuger Jordan Richardson spielen Harper und Musselwhite ein feines transparentes Album ein, das von 2013 sein könnte, aber auch von 1983 oder 1963. Das ist zeitlose Musik, weil sie die menschlichen Emotionen transportiert. Diese Emotionen sind in Blues verpackt, der wie früher Chicago-Sound klingt, anderer entspricht mehr einem Rap-Funk-artigen Setting. Die Musik ist vielseitig und doch stets Blues. Bemerkenswert das beinahe eine Viertelstunde in Anspruch nehmende Don’t Look Twice.
Schön, wurde dieses Album mit dem Grammy geehrt, eine gute Wahl für eine CD mit diesem bestimmten Extra. Die Cd liegt in zwei Versionen vor, die Deluxe-Version hat noch eine DVD mit Auftritten von wenigen Titeln, die CD selbst enthält 10 Songs und ein Making of.
Ben Harper & Charlie Musselwhite Get Up! (2013)