Bluesaholics, Sandra Rippstein sings Bluesaholics & Le téléphone
Bluesaholics - Sandra Rippstein sings Bluesaholics & Le téléphone
Die Schweizer Bluesband Bluesaholics wird kommendes Jahr volljährig. Höchste Zeit also für Bluesnews.ch, endlich eine der CDs dieser einzigartigen Schweizer Bluesband zu rezensieren. Hier werden die beiden Maxi-Singles (oder Mini-CDs) rezensiert, die 2004 und 2005 erschienen sind: Sandra Rippstein sings Bluesaholics (Copyright 2003) und die darauf folgende Maxi Le téléphone, auf denen sich jeweils vier Songs finden.
Die Bluesaholics sind ein Beweis dafür, dass Fusionen auch erfolgreich sein können: Die Formation ging aus dem früheren Bands Blues Company (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen deutschen Band aus Osnabrück, die 2008 am Blues Festival Basel spielte) und Hagelwätter Blues Bänd hervor. Was ist nun das Einzigartige an den Bluesaholics? Da ist zum einen die Tatsache, dass sie in ihren Songs sprachlich nicht auf englisch festgelegt sind. Dies beweisen sie eindrucksvoll mit Le téléphone. Daneben sind Bluesaholics schon fast so etwas wie eine Big Band: Aus dem ursprünglichen Sextett wurde inzwischen eine elfköpfige Combo, komplett mit dreiköpfiger Horn-Section und drei (!) Verantwortlichen für den Gesang.
Seit ihrer ersten Session im Jahr 1991 an der «legendären Session im Zofinger Ochsen» wie die Band selbst schreibt, haben die ursprünglichen Bandmitglieder um Bassist Willi «Lube» Basler, Pianist, Gitarrist und Sänger Andres «Päuli» Hofer, Drummer Markus «Meck» Keller, die Gitarristen Hämu Plüss und Benno Riss, der auch für die Bluesharp verantwortlich ist sowie Leadsänger René «Zobi» Zobrist entsprechend eine reiche Erfahrung mit Auftritten vorzuweisen. Mit landesweiten Tourneen und Auftritten am Montreux Jazz Festival gehören Bluesaholics zu den etablierten Formationen des Schweizer Blues. Auf der Website der Band [www.bluesaholics.ch] kann man in der Bandeigenen Geschichtsschreibung nachlesen, dass frühe Wurzeln einzelner Mitglieder bis in die späten 60er Jahre reichen. Basler, Plüss, Riss und Zobrist kann man entsprechend guten Gewissens als Veteranen bezeichnen.
Inzwischen wurde das Lineup etwas verändert und erweitert, indem Levi Bo Bozdogan für Hofer nachrückte (und neben den Tasten auch Gitarre spielt), aber auch durch die Erweiterung durch die Frauenstimmen von Isabelle Loosli und Sandra Rippstein, schliesslich hat sich der Sound der Band entscheidend verändert, indem sowie durch die Erweiterung durch die Horn-Section mit Trompeter Ernst Buchinger, Saxophonist Stefan Künzli und Posaunist Chris Huber (aktuell durch Stefan Hodel ersetzt).
Auch die Diskographie der Band sieht eindrücklich aus, beinhaltet sie doch neben den hier anzuzeigenden Alben noch die Maxi Live im Kiff (1993), die Singe Strange Pictures und CD Foggy Morning (beide von 1995), das Doppelalbum 2 (1997), Wyssberg (CD von 1999) und die DVD/CD Kombination Best of & Live At Fricks Monti (2002).
Hier geht es nun also um die beiden aktuellen Maxi-Alben Sandra Rippstein sings Bluesaholics und Le téléphone. Auf der ersten Maxi hat «Zobi» frei, alle Tracks werden von Sandra Rippstein gesungen, einer professionellen Gesangslehrerin, die schlicht keine Wünsche frei lässt. Unterstützt von einer zurückhaltenden, aber aufmerksam unterstützenden Band bieten sich genügend Räume für Rippstein, ihrem Gesang freien Lauf zu lassen. Dabei ist ihre Stimme einfach eine schöne, leicht tiefe Frauenstimme. Sandra Rippstein singt so, wie man sich das von der eigenen Partnerin unter der Dusche erträumen würde. Ihre Stimme ist weniger Attribut, also nicht rauchig, nicht kratzig, nicht röhrend, nicht schwarz. Diese Stimme ist mehr Substanz als Attribut: Sie ist pure Kraft, gepaart mit Kontrolle. Sei es das Naturtalent, sei es die Ausbildung, aber Rippstein weiss wie man diese Musik singt, und sie tut es perfekt.
Back To Normal ist ein breit daherrollender Blues, auf dem vor allem das Schlagzeug ausgezeichneten Background liefert. Der folgende Track Place In Your Heart ist ein Slow Blues mit erwartungsgemäss sahniger Gitarre. Der darauf folgende Foggy Morning Blues macht ebenso weiter. Wie ein Puls liefert Keller seine Drumbeats. Nachdem Kelller Ende 2008 einen Arbeitsunfall erlitten hat, ist er nun wieder zurück hinter seiner «Schiessbude» und neben der menschlichen Erleichterung versteht man auch musikalisch, wieso wie Band froh ist um seine Rückkehr (Keller ist übrigens der einzige, der sich auf dem Bandphoto der Homepage ohne Sonnebrille zeigt).
Während die ersten drei Tracks klare Bluesstücke sind, weicht der letzte Titel, Strange Pictures, etwas ab. Dies ist eine Rockballade mit eingängigem Gitarrenlick und schönem Groove. Dieser Titel hat eigentlich Hitparade-Qualitäten, und es wird verständlich, wieso Bluesaholics diesen Titel als Single veröffentlichte.
Die zweite Scheibe Le téléphone unterscheidet sich von der anderen vor allem dadurch, dass hier die Horn-Section zum Einsatz kommt, dass auf den ersten drei Stücken keine Frauenstimme zu hören ist sowie durch den französischsprachigen Titelsong. Erinnert sich jemand an diesen Pseudo-französischen Titel von Bläck Fööss - Fronkreich Fronkreich? Der Titelsong der Maxi ist eine fetzige Antwort darauf, wenn auch nicht unbedingt ein Blues im eigentlichen Sinn. Er erinnert an Henri Salvador. Mit einer grossen Portion Selbstironie singt «Zobi» hier einen nonsens-Text, der aber durch die Verstärkung der Bläser enormen Punch kriegt. Das ist ein Stück, das immer und überall gute Laune verbreitet. Das Gitarrensolo wirkt zunächst etwas sehr heavy, so als hättem ZZ Top einen Gastauftritt bei den Blues Brothers, aber im Gesamtzusammenhang des Stücks ergibt es wieder einen Sinn.
Der zweite Track, Sunny Sally, bringt die Bluesharp zur Geltung. Ein up-tempo Stück im R&B Stil mit effektvoll eingesetzten Breaks. Es folgt das Ray Charles-Cover Hallelujah, I Love Her So mit toller Gelegenheit für die Hörner. Als viertes und letztes Stück folgt I Got Mine, auf dem alle drei Gesangsstimmen zusammenspannen. Dieses Stück ist ein temporeicher Shuffle, bei dem erneut gewisse Erinnerungen an ZZ Top wach werden. Auch hier kommt der Rhythmus stampfend daher, und auch hier sind kommt eine Gitarre dazu, die auch Billy Gibbons gefallen würde. Dieses letzte Stück dokumentiert die Möglichkeiten eines solche reichhaltigen personellen Bestands wie ihn Bluesaholics aufweisen. Es muss toll sein, ein Stück zu arrangieren, bei dem man elf Musiker so einsetzen kann, dass sie abwechslungsreich und doch als Einheit wirken. Benno Riss, der Musical Director des Band, kann in seinen Ressourcen schwelgen.
Die nächste Möglichkeit, Bluesaholics live zu erleben, ist übrigens am 24. Januar im Restaurant Sonne im bernischen Wäckerschwend .
Tracks (Sandra Rippstein, 2004):
1. Back To Normal
2. Place In Your Heart
3. Foggy Morning Blues
4. Strange Pictures
Tracks (Le telephone 2005):
1. Le Téléphone
2. Sunny Sally
3. Hallelujah, I Love Her So
4. I Got Mine