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CD-Rezension Joe Bonamassa Black Rock

Alle Spielarten des Blues


Joe Bonamassa
hat mit Black Rock eine neue CD (bereits die zehnte!) herausgebracht, auf der er mit einem Trio (keyb, b, dr) als Begleitung nicht nur zeigt, dass er das Blues-Fach beherrscht, sondern sich als vielseitiger Musiker präsentiert, der die Grenzen des Genres auslotet und mitunter sprengt. Das Ziel ist gute Musik, nicht die einfache Zuordnung zu einem Genre, und so strahlt die neue Scheibe Lebensfreude ohne Ende aus, und mit einer erstaunlichen Bandbreite an Stilrichtungen sie ist vielleicht die beste, die er je gemacht hat. Die Wurzeln der Covers und der eigenen Songs bleiben bei Bonamassa klar im Blues, und diese sind fest und verleihen ihm Halt. Auf der CD sieht ein guter Freund als Special Guest vorbei: B.B. King singt auf einer Duett-Version von Willie Nelsons Evergreen Night Life.

Joe Bonamassa ist 2010 definitiv kein Geheimtipp mehr. Der Gitarrist und Sänger ist zurecht ein grosser Star des Blues. Seine beiden letzten CDs, Sloe Gin und The Ballad Of John Henry kamen in den Billboard Blues Charts ganz nach oben und blieben ein halbes Jahr auf der Nr. 1 (John Henry). Im Mai 2009 spielte er als Headliner in der legendären Royal Albert Hall konnte als Special Guest Eric Clapton präsentieren. Sein Song Lonesome Road Blues ist als Download für GUITAR HERO 5 erhältlich, er stand mit Buddy Guy, Foreigner, Robert Cray, Stephen Stills, Joe Cocker und Gregg Allman auf der Bühne, vor allem aber auch eine gewisse Zeit mit B.B. King. Bonamassa ist ein herausragender Musiker und als solcher hat man höhere Erwartungen an seine Alben, was die Kreativität und Musikalität angeht. Der Mann ist schliesslich Profi mit 20 Jahren Bühnenerfahrung – auch wenn er erst 33 ist. Beweis gefällig? Hier ist der Link zu einem  Video des 12-jährigen Bonamassa, als er unter den Fittichen von Danny Gatton spielte.

Auch nach einhelliger Meinung der Bluesnews-Redaktion ist der Mann ein Ausnahmetalent, wobei insbesondere die Tatsache erfreut, dass er neben dem grossartigen Gitarrenspiel auch eine gute Singstimme hat, zudem ist er produktiv und kreativ und hat offensichtlich ein tiefes Verständnis für den Blues. Er ist in seinen Alben zumeist in der Minimalformation als Power-Trio zu hören oder wie hier mit zusätzlicher Unterstützung der Tasten, und seine bisherigen Alben legen die Messlatte für das neue Werk hoch. Dieses Album Black Rock wurde in den «Black Rock Studios» auf Santorin in Griechenland aufgenommen, und die Band, bestehend aus Keyboarder Rick Melick, Bassist Carmine Rojas und Drummer Bogie Bowles. Die Musiker scheinen Spass gehabt zu haben und das zeigt sich nicht nur an den ulkigen Spitznamen, die es sogar als offizielle Angaben auf die CD geschafft haben (siehe CD-Details weiter unten). 

Die Wochen in Griechenland haben ein tolles Ergebnis gebracht: Die CD ist wirklich ein wundervolles Stück Arbeit, die auch und insbesondere bei mehrmaligem Hören weitere und weitere Welten aufschliesst. Die CD bietet eine Variation von Stimmungen in den Songs, was daher kommen mag, dass manches druckvoller Bluesrock ist, andere Stücke mit einem Schuss Celtic Folk daherkommen und zum Schluss eine Kirsche draufgesetzt wird in Form eines Country Blues. Jedes Stück lebt für sich, jedes hat seinen eigenen Charme. 

Das Album eröffnet mit riff-betontem Bluesrock der Machart «hard & heavy», wie es Bonamassas Art ist. Es gibt zuerst zwei Coversongs, dann ein eigener Tiel: Bobby Parkers Steal Your Heart Away und John Hiatts I Know A Place werden mit grosser Autorität gespielt, es folgt When The Fire Hits The Sea, eine Eigenkomposition Bonamassas, auf der er zur Dobro und zum Slide greift. Das Gitarrensolo von When the Fire … ist aber dann der Moment der Wahrheit: eine Minute Slide-Solo, in der Bonamassa seine ganze Klasse in ein kleines Juwel legt, das sich mit dem besten messen kann, das Derek Trucks oder Duane Allman abgeliefert haben. Hier ist ein erster Moment, in dem Bonamassa aufblitzen lässt, wieso der Hype um ihn entstand, ja gerechtfertigt ist. 

Alle drei Stücke sind von hartem und treibendem Rhythmus gekennzeichnet, der auch einer klassischen Rockband wie AC/DC gut anstehen würde: Kompromissloser Bluesrock mit der bewährten britischen Methode: Gibson Les Paul und Marshall-Röhrenpower. Dies ist Musik in der Tradition von Led Zeppelin, Gary Moore, Deep Purple, aber es geht Bonamassa nicht um Vintage-Sound oder museale Aufführungspraxis. Dieser Musik wir hier eine neue Seele eingehaucht, sie wird neu zum Leben erweckt. Joe Bonamassa und seine Mitstreiter entwickeln in diesen Songs ein irres Feeling für einander, so dass die Songs hart sind, aber nie laut. Die Band ist auf der Suche nach diesem Druck, der Rockmusik ausmacht, aber dabei geht es nicht um den Volume-Regler. Die Titel verbreiten gute Laune und vermitteln Drive, wie es Rockmusik seit 50 Jahren tut. 

Es folgt ein erster Bruch: Quarryman’s Lament beginnt mit Keyboards, die Band steigt mit einem gemächlichen Rhythmus ein, und dann kommt die Flöte. Wohl eine Penny Whistle, verleiht die Flötenstimme einen Touch keltischen Folks. Doch keine Angst: der Song bleibt im Blues beheimatet. Eine mutige und meiner Meinung nach gelungene Modernisierung eines Blues mit geschmackvollen Ethno-Schnörkeln in Form von keltischer Folk-Instrumentierung. Nachdem sich die Band gefunden hat, folgt erneut ein kleines Gitarrensolo, einfach verzerrte Les Paul-Power. Ein durchaus radiotauglicher Song, gefällig, aber eben auch mehr als das: ein cleveres Stück. Auf dem letzten Album The Ballad of John Henry gab es einen Tiel namens Story Of A Quarryman, mit dem diese «Klage» allerdings nichts zu tun hat. 

Es folgt Spanish Boots von Jeff Beck mit Rod Stewart am Mikrophon (auf Beck-Ola). Auch dies ein Cover, das den Song abstaubt und zu neuem Leben erweckt. Nichts gegen die alte Version, aber das Cover von Bonamassa klingt frischer und knackiger. Dann kommt ein weiteres Experiment, vielleicht eine weitere Zumutung an die Hörer: erneut beginnt ein Song mit starkem Folk-Beigeschmack, und hier ist es mehr als nur das Intro. Es wird eine Gitarrenballade mit akustischem Slide und Backporch-Feeling (zumindest bis zum Ende der ersten Strophe). Der Titel ist — etwas überraschend — Leonard Cohens Klassiker Bird On A Wire, ein Song, der längst vom Blues vereinnahmt wurde, wie Coverversionen belegen (etwa von Michael Powers (auf Onyx Roots)). Bonamassa macht das Cover augenscheinlich aus Respekt für ein tolles Lied, dies war ihm ein Anliegen, wie eindeutig zu hören ist. Im Begleittext der CD schreib er, dass er sich der scheinbaren Vermessenheit bewusst ist. Er schreibt aber auch: «I think I managed to make it my own», und so scheint es in der Tat. 

Es folgen zwei weitere Coversongs: Otis Rushs Three Times A Fool klingt nach Elmore James, ist aber ein einwandfreier und lupenreiner Blues. Darauf erklingt die unvergleichliche Stimme B.B. Kings und seiner Lucille in Night Life. Die beiden hatten Spass und sie tauschen Licks aus, wobei der jüngere hier sehr respektvoll und zurückhaltend den Stil des älteren imitiert. 

Die restlichen fünf Songs sind Variationen des Gehörten, aber die Band spielt wirklich mit der Breite von Bluesmusik, indem griechische Musikeinflüsse zu hören sind, viel Slide-Spiel, auf dem geschmackvollen, aber sicher gewöhnungsbedürftigen Athens To Athens. Dazwischen erneut zwei Bluesrock-Nummern mit Headbanger-Qualitäten: Wandering Earth und Blue and Evil. Look Over Yonders Wall ist erneut ein klassischer Gitarrenblues, wie schon Three Time a Fool

Als Closer der CD wurde eine (angebliche) Spontanaufnahme vom letzten Tag im Studio verwendet: Blind Boy Fullers Baby, You Gotta Change Your Mind, ein Country-Blues mit Ragtime-Feeling von 1935. Das Stück mit 4:24 Länge ist ein kleines akustisches Spasslied, das in seiner Einzigartigkeit auf dieser CD spontan an Little Martha der Allman Brothers erinnert. Die Perkussion macht ein irritierendes Geräusch, das aber frappant an rhythmisch wiederkehrende Störungen bei Schellack- oder Vinyl-Schallplatten erinnert, aber das passt dazu, wie der Braunstich auf einem Schwarz-Weiss-Foto ein besonderer Effekt sein kann. Das Stück scheint zum Schluss der CD erneut klarzumachen, wo Bonamassa herkommt, von welcher Quelle er sich speist: Vom Blues und in den Blues wird er auch immer wieder zurückkehren, auch wenn er auf dieser CD ein weites Feld verwandter Musikarten mit einbringt. 

 
Joe Bonamassa Black Rock

 

Joe «The Stewart» Bonamassa g, voc
Carmine «Mint Jelly» Rojas b
Rick «The Phoenician» Melick keyb
Bogie «Nickel and Deuce» Bowles dr
Kevin Shirley Produzent
 
1. Steal Your Heart Away     
2. I Know A Place    
3. When The Fire Hits The Sea         
4. Quarryman's Lament        
5. Spanish Boots        
6. Bird On A Wire      
7. Three Times A Fool
8. Night Life  
9. Wandering Earth
10. Looks Over Yonders Wall
11. Athens To Athens
12. Blue And Evil      
13. Baby You Gotta Change Your Mind