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www.bluesnews.ch - Musik

Chris Conz Drivin the Boogie

Piano der Sonderklasse

ChrisConzDrivinTheBoogieCDChris Conz ist atemberaubend. Der junge Mann spielt Piano in der Jazz und Boogie-Tradition und das mit ungeheurer Präzision und Virtuosität. Seine Bluessongs sind jazzig, seine Jazztitel bluesig. Mit Drivin‘ the Boogie liegt nun eine CD des Pianisten vor, auf der er in der Trio-Formation zeigt, was er alles kann, und das ist eine ganze Menge. Ein beeindruckendes Debutalbum eines Trios, das toll harmoniert und dies auf einer CD der Sonderklasse auch unter Beweis stellt. Von rollendem Barrelhouse-Boogie über New Orleans-Piano bis zu jazziger Oscar Peterson-Virtuosität bieten die 14 Instrumentalstücke eine Tour d’horizon des Boogie-Pianos. Der junge Schweizer Künstler Chris Conz präsentiert sich mit seinem Trio als absolutes Ausnahmetalent.

Chris Conz kann man guten Gewissens als einstiges Wunderkind des Pianos bezeichnen, Pianounterricht ab 10 Jahren, seinen ersten Auftritt hatte er im Alter von 13 Jahren. So erstaunt es nicht, dass Chris Conz (Jahrgang 1985) als Bandleader eines Trios mit Bass und Schlagzeug trotz seiner gerademal 26 Jahre als routiniert klingt, er tritt ja auch schon sein halbes Leben als Boogie-Pianist auf. Conz hat als Schüler von Hamp Ruosch und Schützling von Silvan Zingg vieles seiner Lehrer verinnerlicht, und er hat mit regelmässigen Auftritten beim «Boogie Woogie Festival» das Publikum entzückt.

Der Tastenzauberer nennt Albert Ammons, Pete Johnson, Mead Lux Lewis, Axel Zwingenberger und Vince Weber als Vorbilder, doch in seinen Soli geht Conz über diese Pianisten hinaus, hier bringt er ein Element von Virtuosität hinein, dass jazziger ist, rafinierter. Etwa auf dem zweiten Stück der CD, Easy Shaking klingt er passagenweise mehr wie Earl «Fatha» Hines, Oscar Peterson oder Nat «King» Cole. Das ist die sehr feine Klinge des Klavierspiels. Seine Läufe perlen nur so, es ist ein wahrer Genuss, ihm zuzuhören, so ideenreich und doch der Tradition verpflichtet ist sein Spiel.

Nach einem Erstlingswerk mit dem Titel Boogie Woogie Breakup von 2006 (mit Piano und Schlagzeug) ist Drivin‘ the Boogie nun eine Aufnahme mit dem Trio. Das Trio, nach dem Pianisten benannt, besteht sonst zwei routinierten Kollegen, Stehbassist Nuno Alexandre und Schlagzeuger Martin Meyer, die beide auch in anderen Formationen spielten, verleihen den Songs Fundament und gleichzeitig die Energie, die Chris Conz die Freiheit für sein Pianospiel gibt.

Die CD beginnt mit Roll ‘em Pete, einem Boogie-Woogie Stimmungskracher. Warm Up Blues ist ebenfalls ein jazziges Stück. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: grosse Klasse, erneut muss Conz den Vergleich mit Oscar Peterson nicht scheuen. Keep On Gwine ist ein Stück, das auf James Bookers Live-Album auftaucht, sonst aber wenig bekannt sein dürfte. Die Trio-Version ist eine tolle Variation, doch sonst ist dies ein getreues Cover des Originals und ebenso wunderbar wie dieses. Honky Tonk Train Blues ist als Zugsimitation keine grosse Überraschung: ein fetziger Song mit vielen kleinen funkelnden Details, und wenn der Zug am Schluss zum stehen kommt zeigt die Band, wie gut sie eingespielt ist. Das ist geradezu Programmmusik. Just for You ist eine fröhliche kleine Ballade mit grossartig aufspielendem Schlagzeug von Martin Meyer. Beim Stück Shout for You lässt sich die Differenziertheit erkennen im Sound des Chris Conz Trios: wie das erste Stück Roll ‘em Pete ist dies ein stampfendes Boogie-Woogie-Piano, somit sind die Stücke naturgemäss ähnlich, aber der Honky-Tonk ist weniger erdig, einige Stufen feiner. Bop Boogie zeigt im Intro Nuno Alexandres Qualitäten als Slap-Bassist mit dem Kontrabass.

So geht die CD weiter, ein Stück schöner als das andere, wirklich ein Leckerbissen, dieses Album, das kann man nicht anders sagen. Besonders hervorzuheben wäre vielleicht der Cow Cow Blues, der von Little Brother Montgomery gespielt wurde und beim Vergleich der beiden Aufnahmen wird überdeutlich, dass im Bereich der Virtuosität der Schweizer Pianist die Nase vorne hat. Auch auf dem alten Gassenhauser Margie (bekannt vielleicht vom Golden Gate Quartett, Fats Domino oder Johnny Otis) gibt Conz einen neuen Twist. Bleibt zum Schluss die Frage, brauchte es eine neue Aufnahme von St. Louis Blues? Nun, das vielleicht nicht, aber diese Aufnahme zeigt den jungen Mann aus Uster auf Augenhöhe mit den grossen des Fachs, die diesen Titel zuvor interpretiert hatten und insofern ist er auch ein Statement, eine Aussage über Chris Conz‘ Selbstvertrauen. Die Aufnahme selbst erinnert an Count Basie oder Dave Brubeck, erneut zeigt er hier sein feines Händchen.

Alles in allem eine CD, die deutlich macht, wieso Chris Conz schon auf Tourneen durch die USA war und einen hoffentlich steilen Aufstieg in der Welt der Tastenkünstler haben wird: er ist vielseitiger, virtuoser als viele Kollegen. In einem Vergleich mit Zwingenberger fand ich etwa die Soli von Conz attraktiver, schillernder. Die Musik auf dieser CD ist stimmungsgeladen wie Erroll Dixon aber zugleich faszinierend vielseitig. Um doch noch ein Haar in der Suppe zu suchen: Was Conz noch verbessern könnte: etwas «mehr Dräck» wäre für seinen Sound eine Bereicherung, gewisse Soli laufen so makellos ab, dass man sich etwas von Little Brother Montogmerys präziser Unpräzision wünschen mag.

http://www.youtube.com/watch?v=t6IdrNDftkU

Weblinks
Homepage: http://www.boogiepiano.ch/
Die CD mit einer Gesamtlänge von fast 49 Minuten gibt es für Fr. 30.- auf der
Homepage http://www.boogiepiano.ch/cds/

 
Chris Conz Trio Drivin' the Boogie
Chris Conz (Piano)
Nuno Alexandre (Bass)
Martin Meyer (Drums)
 
1          Roll 'Em Pete                                                 3:48
2          Easy Shaking                                                 3:48
3          Warm Up Blues                                              3:31
4          Keep On Gwine                                              3:19
5          Honky Tonk Train Blues                                 3:24
6          Just For You                                                   3:35
7          Shout For Joy                                                 2:33
8          Bop Boogie                                                     3:15
9          Drivin' the Boogie                                            4:43
10        Cow Cow Blues                                               4:12
11        St. Louis Blues                                                 3:39
12        Margie                                                              3:05
13        Dragging the Blues                                          2:52
14        In the Back Room                                            3:03