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18. Blues Festival Basel - Bericht

In der Frühzeit des Blues wäre es unschicklich, gar sündhaft und undenkbar gewesen, Blues in einer Kirche zu spielen, er galt als Teufelsmusik. In der Kirche sangen fromme und anständige Leute Gospel. Für den Bluesdiakon Reto Nägelin ist das keine Frage. Blues gehört zum Leben und deshalb auch in die Kirche.  Souverän verknüpfte er die Musikstücke mit eher säkularen Gedanken zum Leben und den Aufs und Abs, die uns alle begleiten.

Mit der Promo Blues Night, dem Nachwuchswettbewerb des Festivals startete dann am 3. April 2017 der Reigen der Konzertabende. Fünf Bands waren am Start, die jeweils von einem anderen Schweizer Bluesfestival nominiert worden waren. Sie spielten jeweils zwanzig Minuten. Die Promo Night gibt jungen Bands Gelegenheit, ihr Können vor einem grösseren Publikum zu präsentieren. Als beste Band wurde die Luzerner Gruppe Estella Benedetti & Michael G. Band gewählt, die im kommenden Jahr am Blues Festival Basel auftreten wird.

Den zweiten Abend eröffnete die englische «Pedal Steel Guitar» Virtuosin und Countrysängerin Sarah Jory. Sie bemühte sich vor allem bluesige Titel zu spielen, was ihr nicht wirklich gelang, obwohl sie ohne Zweifel ihr Instrument meisterlich beherrscht. Die meisten Titel waren nicht sehr überzeugend, einige erinnerten an die Beliebigkeit einer Happy Hour Musik und selbst ihre Interpretation von Pride And Joy war sehr weit weg von einem Texas Blues. Eine Countrysängerin ist eben doch keine Bluesmusikerin, das war hier deutlich zu hören.

Im Anschluss daran traten die Boogie Woogie Pianisten Ben Waters und Axel Zwingenberger auf, die ein sehr konzertant wirkendes Set hinlegten. Beide Pianisten überzeugten mit traumwandlerischer Sicherheit an den Tasten. Nach einem Intro zu zweit spielte zunächst der Altmeister aus Hamburg solo, später trat dann Ben Waters mit seiner Band auf, die das Set auflockerte. Mit von der Partie war sein erst siebzehnjähriger Sohn Tom Waters am Saxophon, der sich als sehr begabt entpuppte. Boogie Woogie wirkt trotzdem immer etwas angestaubt, auch wenn er von Könnern gespielt wird. Dennoch, dem Saal gefiel es.

Dazwischen wurde der Swiss Blues Award verliehen, den dieses Mal das Tessiner Festival «Vallemaggia Magic Blues» erhielt. Entgegen genommen haben ihn Hannes Anrig und Fabio Lafranchi, welche das Festival im Maggiatal seit 2002 durchführen. Die Preisverleihung könnte etwas mehr Regie vertragen, sodass sie weniger improvisiert wirkt.

Der Donnerstagabend gehörte zunächst der Blues- und Soulsängerin Tasha Taylor. Die Tochter des legendären Stax Sängers Johnnie Taylor zeigte, was sie von ihrem Vater gelernt hat. Mit einer Stimme, die Emotionen auszudrücken vermag und einer einnehmenden Bühnenpräsenz demonstrierte sie ihr Potential als Soulsängerin. Leider hatte sie eine Band dabei, die ihrem Können nicht im Entferntesten gerecht wurde. Die Gruppe aus Walter Latupeirissa (b), Davide Floreno (g) und Markku Reinikainen (dr) spielte uninspiriert und ohne jeden Groove. Dazu kommt, dass für diese Spielart des Blues eine Erweiterung um eine Hornsection, ein Keyboard oder eine Hammond dringend nötig gewesen wäre. Wer ihr Album Honey For The Biscuit gehört hat, weiss, was die Sängerin mit einer passenden Begleitung bieten kann.

Die vier britischen Guitar Slinger Aynsley Lister, Ben Poole, Stevie Nimmo und Laurence Jones bestritten den zweiten Teil des Abends. Allesamt grossartige Griffbrett Artisten, rockten sie den Saal des Volkshauses und spielten alles, nur keinen Blues. Selbst Leadbellys Good Morning Blues wurde völlig umgekrempelt und komplett verrockt dargeboten. Man fühlte sich an die Gitarrenschlachten der frühen britischen Rockszene erinnert, bei der es vor allem darauf ankommt, wer mehr Licks pro Sekunde aus seinem Instrument herausholen kann und wer am besten mit den Effekt Pedalen umgehen kann. Der am Freitag aufgetretene kanadische Philip Sayce machte im gleichen Stil weiter. Auch er beeindruckt mit seinem virtuosen Spiel, aber auch er spielte den Bluesrock so, dass vom Blues nicht mehr viel übrigblieb. Angekündigt war er mit dem Attribut «erstmals in Europa», dabei war er sogar in der Schweiz bereits mehrfach zu Gast.

Dana Fuchs startete in Basel ihre Europa Tournee. Die Sängerin mit der mächtigen Stimme agierte auf der Bühne wie ein Dompteur und zog alle Register der Animation, konnte aber nicht so richtig überzeugen. Sie gab sich sehr persönlich, erzählte vom Verlust ihres Vaters stellte den Song vor, den sie dazu geschrieben hatte: Faithful Sinner. Aber auch ihr Set gehörte passte eher in die Kategorie Singer/Songwriter Bereich, als in den Blues.

Der Schlussabend schliesslich brachte einmal mehr Sam Burckhardt auf die Bühne, der wieder eine Band aus Chicago mitbrachte und damit die Tradition des Festivals weiterführte, jedes Jahr mit einer anderen Formation aufzutreten. Als Gast trat die in die Jahre gekommene Jazzsängerin und Tänzerin Othella Dallas auf. Als Support trat davor der letztjährige Gewinner der Promo Blues Night und Finalist der Swiss Blues Challenge 2017, Dominic Schoemaker auf. bluesnews konnte an diesem Abend nicht im Volkshaus dabei sein. Wir können deshalb über diese beiden Konzerte nicht berichten.

Alles in allem hinterlässt das Festival einen zwiespältigen Eindruck. Es gab keine erkennbare kohärente musikalische Struktur, der Programmablauf wirkte irgendwie zufällig. Vom Standpunkt des Bluesliebhabers war das Eröffnungskonzert in Liestal das Beste. Zuviel Gewicht wurde an den Hauptabenden auf die Sparte Bluesrock gelegt und zu wenig im Blues verwurzelt waren die übrigen Auftritte. Damit möchte sich das Festival wohl auf die jüngeren Zuschauer ausrichten und beweisen, dass der Blues . . .nicht nur etwas für alte Männer. . . sei, so Festivaldirektor Christoph Arnet in seiner Ankündigung am dritten Abend.

Es stellt sich die Frage, ob es der richtige Weg ist, an einem Bluesfestival weniger Blues zu spielen, um den Saal zu füllen. Attraktive Musiker, die zeitgenössischen Blues spielen, gibt es genug. Wir sind bei bluesnews keine Puristen, die Ausflüge in benachbarte Stilarten ablehnen. Am Ende sollte aber da wo Blues drauf steht auch Blues drin sein. Mindestens überwiegend.