Geschrieben von Rolf Winter am .

Mark Knopfler Privateering

Mark Knopfler kann wahrscheinlich nicht über’s Wasser laufen. Aber sonst gibt es nicht viel, was dieser Mann nicht kann. Zumindest musikalisch ist der frühere Mega-Star der Rockmusik mit seiner Band Dire Straits wirklich im Stande, irgend einen Stil zu spielen, und es wird zu Gold. Seitdem Mark Knopfler 1992seine Band inaktiv machte (wenn auch nie offiziell auflöste) hat er sich musikalisch wegorientiert von den Stadien und Rockshows und er macht ruhigere und besinnlichere Musik, aber von stilistischer Vielfalt, die beeindruckt. Auf seiner jüngsten Doppel-CD Privateering führt er dies erneut vor: Titel der Genres Folk, Country, sanfte Balladen, Latin, Rock und keltisch-irische Klänge, all dies spielt er mit der ihm eigenen Lässigkeit. Und auf dieser neuesten Veröffentlichung ist eine gehörige Portion Blues dabei. Vielleicht ist das der Grund, das für sein bestes Soloalbum seit Golden Heart aus dem Jahr 1996 zu halten.

Die Mitmusiker auf diesem Album sind zahlreich und farbenfroh und die Liste gibt bereits einen Eindruck der Vielfalt an Musik. Da ist Richard Bennett als zweiter Gitarrist, aber auch Bouzouki- und Tiple-Spieler (Ein Saiteninstrument aus der Gitarrenfamilie, auch bekannt als «Diskant»). Sonst hat Knopfler sich selbst eine reiche Auswahl an Spezialisten zusammengesucht, die für die jeweils benötigte musikalische Färbung ihre Instrumente beisteuern. Jim Cox spielt Klavier und Orgel, Guy Fletcher Keyboards und Gesang, John McCusker spielt den irischen Dudelsack Ulliean Pipes und die Whistle-Flöten, Phil Cunningham Akkordeon, Glen Worf spielt akustischen und elektrischen Bass, Ian Thomas Schlagzeug. Weitere Spezialisten sind Kim Wilson (Harfe), Tim O’Brian (Mandoline und Gesang), Paul Franklin (Pedal Steel), Ruth Moody und Rupert Gregson-Williams Gesang, Chris Botti (Trompete), Nigel Hitchcock (Saxophone) und John Carnec (Klarinette).

Was nun die dem Blues zuzuordnenden Titel angeht, so sind dies sechs von 20 Titeln, jeweils drei Titel pro CD und diese schön verteilt. Sie passen sich ausgezeichnet ins musikalische Potpourri ein, das Knopfler hier veranstaltet. Don’t forget Your Hat ist ein schwer stampfender Chicago-Blues mit Harp und Piano, auf dem Knopfler Slide spielt. Der fünfte Titel Miss You Blues ist an der Grenze zum Schmalzigen, eine süsse Ballade, enorm laid-back, die aber dennoch sehr bluesig daherkommt. Hot or What, der achte Titel, ist dann erneut ein Chicago-Blues mit phantastischem Piano-Einsatz von Jim Cox und Kim Wilsons Bluesharp. Auf der zweiten CD sind es die Titel Nr. 2 Got to Have Something und Nr. 5 Gator Blood, ein klassischer Macho-Boogie wie Muddy Waters‘ I’m a Man. Das minimalistische Riff erinnert an John Lee Hooker. Today is Okay (Titel 9) ist schliesslich wieder ein Blues im Chicago-Stil, der den Kreis zu Don’t Forget Your Hat schliesst. Alles originelle und sympatische Titel, mit Referenz für die Tradition, aber doch eigenständige Beiträge zum Genre. Grossartig!

Der Rest der CD sind alles auf ihre jeweilige Art klasse gespielte Titel aus den genannten Richtungen, durchgehend laid-back gespielt und von überragender Aufnahmequalität und Abmischung. Alle Songs sind transparent und vielschichtig. Interessant ist der keltische Titel Haul Away, ein Stil, den der Mann aus Glasgow auch auf seinen letzten CDs immer wieder ausprobierte. Wer den Dire Straits-Sound vermisst, wird mit drei Songs bedient, da ist zunächst die akustische Ballade Yon Two Crows und dann die rockigen Corned Beef City und Used to Could, die am meisten nach klassischem Dire Straits klingen. Im Song Go Love gemahnt der Sound im besten Sinn an J.J. Cale. Bluesbird kann man als langsamen Blues mit Karibik-Feeling bezeichnen. Beanstalk ist ein klassischer Folk-Titel.

Also wirklich für jeden Geschmack etwas dabei, und die anderen Titel sind alle gut. Das ganze mit Knopflers einzigartigem Gitarrensound gewürzt und mit seinem lakonischen Gesang. Für Fans ist die CD sowieso ein Muss, aber für jene, die seit Dire Straits die Karriere Mark Knopflers nicht mehr verfolgt haben, ist dies ein wunderbarer Einstieg. 

Mark Knopfler Privateering
Disk 1
1 Redbud Tree
2 Haul Away
3 Don’t forget your hat
4 Privateering
5 Miss you blues
6 Corned beef city
7 Go, love
8 Hot or what
9 Yon two crows
10 Seattle
Disk 2
1 Kingdom of gold
2 Got to have something
3 Radio city serenade
4 I used to could
5 Gator blood
6 Bluebird
7 Dream of the drowned submariner
8 Blood and water
9 Today is okay
10 After the beanstalk