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Tim Lerch Blues Guitar Road Trip

Der musikalische Roadtrip


Der Gitarrist und Gitarrenlehrer Tim Lerch ist aus seinen Clips auf Youtube vielleicht denen bekannt, die dort manchmal Gitarrenunterricht suchen, auch seine Testberichte von den edlen Gitarrenpickups der Firma Lollar sind schön anzusehen. Nun hat «Guitar Axis» eine Serie seiner Videos als DVD publiziert. Die Veröffentlichung mit dem Titel Blues Guitar Road Trip ist allerdings kein Roadtrip im eigentlichen Sinn, sondern lediglich ein Instructional Video von Tim Lerch. Die darauf enthaltenen Songs sind allerdings grosse Klasse und Lerch ein begnadeter Lehrer, der es versteht, das Vergnügen an der Bluesgitarre zu fördern. Das musikalische Spektrum ist bemerkenswert vielfältig, neben klassischen Bluesstilen gibt es unter den Neun Titeln auch jazzige Bluesformen. Tim Lerch war ein Schüler des Gitarrenlehrers Ted Greene und er hat dessen unaufgeregte Art übernommen, kompetent und gleichzeitig anregend zu unterrichten.

Die DVD mit dem Titel Blues Guitar Road Trip wird von «Hal Leonard» vertrieben, auf Youtube sind die Lektionen nicht zu finden, und auf der Homepage von «Guitar Axis» kann man unentgeltlich Lektionen ansehen, muss sich eigentlich bloss registrieren, aber ich hatte Probleme dabei. Ausserdem kriegt man bei der DVD ein PDF mitgeliefert mit Tabulaturen, Noten und Griffboxen. Die DVD dauert gut 90 Minuten und es sind neun Titel drauf, also jeder hat runde zehn Minuten. Wie angetönt, ist es kein Road Trip, nicht mal pro Forma, sondern indem Tim Lerch einzelne Gitarrenstile bespricht, die man mit musikalischen Zentren der USA assoziiert, vollzieht er den Road Trip virtuell nach. Der Titel ist leider etwas irreführend.

Die neun Songs, die Tim Lerch hier vorstellt, decken einen grossen des Spektrums des Blues ab, es gibt einen Chicago Shuffle und einen Texas Shuffle, gefolgt von einem Titel namens Memphis Sliding Rhythm, ein Rhythmus-Lick, das Matt «Guitar» Murphy gefallen würde und das tatsächlich den Horn-getriebenen Sound, den man mit Memphis assoziiert, vorstellt. Die vierte Lektion B.B.‘s Secret schildert im Detail die Geheimnisse der sogenannten «B.B. Blues Box», also einer Griffbox mit sechs Noten, aus denen der «King of the Blues» einen grossen Teil seiner Soli zu generieren pflegt. Zu diesen Titeln gibt Lerch jeweils die Begleitung wie auch ein passendes Solo, beides in der Tabulatur enthalten.

Es folgen Kompositionen, die im Gegensatz zu den Beispielen oben zu der Art Blues gehört, die man nicht einfach nach Gehör ganz anständig nachspielen kann. Hier sind Lerches pädagogischen Fähigkeiten und seine Erfahrung gefragt. Diese zeigt er schon beim Erklären von B.B. Kings Blues Box, aber bei den folgenden gibt es mehrere Feinheiten zu erklären, was er auch tut: New Orleans Rumba Blues, West Coast Jump Blues und Uptown Jazzy Blues sind genau das, was die Titel versprechen und sie bieten eine gute Grundlage für eigene Entdeckungen. Diese Titel reissen den Horizont der Bluesbegleitung auf und indem Lerch Details hervorhebt, kriegt er sehr viel in diese kurzen Lektionen hinein.

Die beiden letzten Titel Emerald City Blues und Winnipeg Blues tragen Phantasienamen, es handelt sich dabei um einen Funky Blues, der aus einem nicht ersichtlichen Grund nach der Stadt im Zauberer von Oz benannt ist, während der Winnipeg Blues ein Stück ist im Stil des kanadischen Gitarristen Lenny Breau (1941-1984), also ein jazziger Blues mit Walking Bassline.

Tim Lerch wendet sich nicht an Anfänger auf der Bluesgitarre, dafür erklärt er die einzelnen Fingerpositionen zu wenig (es gibt allerdings ein 25-seitiges PDF, das auf der DVD enthalten ist und dan man so leicht ausdrucken kann). Sein Zielpublikum ist der fortgeschrittene Gitarrist, der oder die neue Wege sucht, sein Arsenal an Rhythmuskonzepten erweitern möchte und der einen feinen, jazzbasierten Ton sucht. Natürlich kann man die Titel auch stark verzerrt spielen, aber Lerch bedient sich eines sauberen Tones (er spielt seine Tele mit dem Lollar «Charlie Christian Pickup»), was für eine Lehr-DVD sehr angenehm ist. Dabei erklärt er einige Kernkonzepte seines Spiels, etwa sogenannte «Essence Chords» - also Akkorde, die die Essenz des Klanges beinhalten – und die für eine Gitarrenbegleitung wunderbar klingen. Er spricht auch über Zupftechniken, verwendet aber nur Flatpick und seine Finger. Schliesslich gibt er wertvolle Hinweise dazu, was man tun kann, um in einem Solo nicht einfach den Gitarrenhals rauf und runter zu nudeln.

Tim Lerch deckt natürlich nicht das gesamte Spektrum des Blues ab, so spricht er nicht über Slidespiel oder offene Stimmungen, aber die Songs sind vielseitig offen und bilden eine grossartige Grundlage für die Erweiterung des eigenen Repertoires, und sein Gitarrenspiel ist eine Freude, anzusehen. Wer diese DVD durcharbeitet, wird auf jeden Fall ein deutlich besserer Gitarrist oder Gitarristin werden. Und Spass macht es erst noch, einem Meistergitarristen beim Unterricht zuzusehen.

Tim Lerch Blues Guitar Road Trip (Hal Leonard 2011)

1. 1. Chicago Blues Shuffle
2.      Texas Boogie in E
3.      Memphis Sliding Rhythm
4.      B.B.'s Secret
5.      Emerald City Blues
6.      New Orleans Rumba Blues
7.      West Coast Jump Blues
8.      Uptown Jazzy Blues
9.      Winnipeg Blues