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What a Scene! Charlie Morris Band

Die neue CD der Charlie Morris Band

  charliemorriswhatascenecdcover.jpgWelcher Ort liegt auf der Mitte der Wegstrecke zwischen New Orleans und Chicago? Fragt Charlie Morris, er wird die Antwort wohl wissen. Denn auf seiner neuen CD What a Scene finden die Mitglieder der Charlie Morris Band eine Annäherung an diesen Ort von beiden Seiten. Ihr Live-Album ist eine Mischung aus Chicago-Bluesnummern und der rhythmisch komplexen Musik Louisianas. Die Band um Leader und Sänger/Gitarrist Charlie Morris spielt elf Stücke und die Aufnahme scheint bei einem einzigen Live-Auftritt gemacht zu sein. Es ist an keiner Stelle erkennbar, dass mehrere Auftritte zusammengeschnitten wurden.

 
Die Band zeigt drei verschiedene Arten des Blues, alle Nummern haben neben dem Gitarrensolo auch noch ein Solo des Pianisten, der Keyboard und Piano zu spielen scheint (wenn das ein elektronisches Piano ist, hört man den Unterschied auf jeden Fall nicht). Ihre drei Varianten des Blues sind der Shuffle, als der etwa das Eröffnungsstück „Can't Do Nothing" und das achte Stück „Don't Mess With My Money" daherkommen. Die Shuffles sind solide, wenn auch nicht Extraklasse. Wirklich toll wird es, wenn die Band entweder einen Chicago-Blues anstimmt, was bei Stück Nr. 6 „May Not Be The First One" der Fall ist oder beim Closer, Muddy Waters' „Champagne & Reefer".

Eine weitere Spezialität sind Stücke, die nach Catfish riechen oder nach Mississippi-Schlick. Vertreter dieser Sparte sind „Ramblin Blues", den es als Hörprobe gibt, ein lazy Blues mit schönem Slide-Intro. Man kann die Backporch förmlich vor sich sehen und unwillkürlich stellt sich die Frage, wieso Morris nicht mehr Slide spielt. Ebenfalls in diese Kategorie gehört „Too many bad habits", ein stark synkopierter Blues, der deutlich nach New Orleans klingt. Markus Baumer bearbeitet hier erneut wunderbar das Elfenbein. Wer immer es sei, der Mann hat's drauf, das Stück ist wunderbar.

 

Als es darum geht, welche schlechten Angewohnheiten er aufgeben soll entspinnt sich eine nette Konversation mit dem Publikum, die damit endet, dass Morris wohl am besten aufgibt, mit dem Publikum zu sprechen. Stattdessen spielt er eben seine Gitarre, was in diesem Fall bedeutet, er liefert ein weiteres seiner sauberen, makellosen Soli ab, die stark nach Clapton klingen, aber mit einem kernigen Ton und abwechslungsreicher Phrasierung begeistern. In diesem Solo bietet er viel Glissando.

 

Mit Ausnahme von Too Many Bad Habits (John Nicholas) und Champagne & Reefer (Muddy Waters) sind alle Stücke selbst getextet und komponiert, wobei Morris gerne mit den Texten spielt. Manche Texte mögen etwas bemüht wirken, lustig scheint mir vor allem das Stück, das er mit der Ankündigung einleitet, etwa "Braggin' about our exploits with the Ladies" betreiben zu wollen. Das folgende "Mr. Miracle" ist dann tatsächlich eine geistreiche Angeberei der sexuellen Fähigkeiten zu einem verhaltenen, aber fetzigen Rhythmus. Ebenfalls gibt es hier ein astreines Gitarren- und später ebensolches Keyboardsolo.

 
Wer auf Blues mit Gitarre und Piano, manchmal Keyboard steht, der kommt hier auf seine Kosten, eine Mundharmonika war nicht zu vernehmen, und die Rhythmussektion bietet den Solisten genügend Sicherheit, um ausgedehnte Erkundigungen in die Tiefen der Stücke vorzunehmen. Das Schlagzeug tritt etwas aus dem Schatten im mit 7:13 längsten Stück der CD, „Cain' Hep M'sef" (Sprich: „Can't Help Myself"), wo Marco Jeanrenaud mehr Freiraum geniesst, und in dem das Piano zugunsten des Keyboard zurücktritt und der Rhythmus von den Gitarre gehalten wird, die hier an Matt „Guitar" Murphy, den „Mann" von Aretha Franklin bei den Blues Brothers und in Booker T. and The MGs erinnert.
 
What A Scene! The Charlie Morris Band live in Switzerland, 2008 BluesPages Records 70013

Charlie Morris (Gitarre, Gesang)
Markus Baumer (Keyboards)
David Clarke (Bass)
Marco Jeanrenaud (Schlagzeug) 

  1. Can't Do Nothing (3:17)
  2. Swamp Hoe (6:59)
  3. No More Money (5:05)
  4. Can't Stop Cleaning (3:06)
  5. Mr. Miracle (4:15)
  6. May Not Be The First One (5:10)
  7. Too Many Bad Habits (7:12)
  8. Don't You Mess With My Money (6:19)
  9. Ramblin' Blues (4:57)
  10. Can't Help Myself (7:14)  (Cain't Hep M'sef)
  11. Champagne & Reefer (6:49)