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Bluecerne

Höchstes Niveau

Die Luzerner Bluesband Bluecerne hat an der CD-Taufe vor Monatsfrist die neue Scheibe Bluecerne vorgestellt. Es ist eine durchwegs reife Leistung geworden, toller, vielseitiger Blues mit tollem Groove. Musikalisch erinnert der Sound an Joe Louis Walker oder «Mighty» Sam McClain und wie dieser flirten die sieben Mitglieder der Band mit Soul und all das ergibt tolle Musik mit grosser Bandbreite. Auf der aktuellen CD wird dieses zudem in hervorragender Qualität angeboten, und so kann man zum neuen Album nur gratulieren. Im Artikel wird das Album differenziert rezensiert.

Anlässlich der CD-Taufe wurden die Bandmitglieder auf diesen Seiten bereits vorgestellt, somit widmet sich diese Besprechung nur der Musik. Es geht gleich flott los mit Here I Come Again, einem Titel mit groovigem Off-Beat und grossartigem Bläsereinsatz. Joe Louis Walker und der Autor des Stückes, «Mighty» Sam McClain klingen nicht nur musikalisch an, auch im Gesang erinnert Renato Cazzaniga an diese beiden tollen Sänger, obschon er auf der Homepage Van Morrisson als Vorbild nennt. Der Gesang ist eine der Stärken, was Cazzaniga abliefert ist akzentarm und sauber. Roli Mosimanns Gitarre hat hier ein erstes Solo, der Sound klingt Stratig, wie ein Blueston heutzutage meistens eben klingt.

He Was A Friend Of Mine stammt von Hank Crawford und wurde bekannt gemacht durch Eddie «Cleanhead» Vinson. Es ist ein harter, Boogie, der in angenehmem Kontras steht zum souligen Start. Die Band liefert eine weitere Visitenkarte ab. Im Gitarrenklang wurden kleinere Nuancen verändert, was sehr aufmerksam ist. Ein erstes Mal fällt bei diesem Titel auf, was die ganze CD hindurch immer deutlicher wird: die Musik ist klasse abgemischt, die Instrumente haben zur Musik eine ideale Ausgewogenheit, da wurde im «ARS Studio» und im «Soundfarm Studio» tolle Arbeit bei der Aufnahme bzw. beim Abmischen geleistet.

Der Dritte Titel Am I Wasting My Time ist ein Showcase für die Bläser Patrick Röösli (Tenorsaxophon) und Beda Wenk (Trompete). Wirklich fetzige Bläserlinie und aus Sicht des Rezensenten eine klare Antwort auf die im Titel gestellte Frage: Das ist keine Zeitverschwendung, das ist toll gemachte Musik und beste Unterhaltung. Die Bläser halten sich für Hot Little Mama wieder etwas zurück, dafür streut die Strat hier wieder vermehrt Licks ein. Heinz «Moby» Arnold hat hier ein ausgedehnteres Solo auf der Orgel, das er konzentriert spielt, keine wilden Sachen auf den Tasten, sehr sachdienlich. Die Orgel könnte für meinen Geschmack etwas lauter sein, aber man hört sie natürlich einwandfrei.

I Got Loaded ist, wie der Titel andeutet, eine Geschichte über einen besoffenen Abend, denn der Erzähler des Songs trank eine Flasche Gin, und was dann alles geschieht, ist das Thema dieses Jump-Blues, der ursprünglich von Lil' Bob and the Lollipops, stammt. Die eher exotische Herkunft des Titels sagte viel aus über die kluge Repertoirepflege der Band. Ein witziger Titel mit gutem Text.

Auf dem Titel You Tore My Playhouse Down gibt es einen Gastauftritt vom texanischen Sänger und Harp-Spieler Darrell Nulisch (der momentan mit James Cotton tourt). Er leiht hier seine Stimme, später auch auf There Goes That Train, auf He Was a Friend of Mine spielt er Harp. Playhouse ist ein Titel des Texaners, wenn auch die Credits an Earl Randle gehen. Der Gesang hier erinnert deutlicher als zuvor an Soul-Samt-Röhre Sam McClain.  

Freddie Kings Double Eyes Whammy steht als nächstes an, und Mosimann macht dem «Texas Cannonaball» hier alle Ehre, erneut auch hier mit passender Instrumentenwahl und Verstärkereinstellung. Das klingt nach Freddie. Die letzte Wiederholung von «She whipped a double eyed whammy on me» ganz am Ende des Songs singt nicht Cazzaniga (andere Stimme, stärkerer Akzent), es steht zu vermuten, dass Mosimann hier das Mikro geentert hat, was eine nette Geste ist. So gut Gitarre und Gesang aus sind, der Song wird eigentlich vom mitreissenden Schlagzeug Pit Furrers angetrieben. 

Slow Blues ist mit 6:20 der längste Titel des Albums, und er ist auch die einzige Eigenkomposition, von Renato Cazzaniga nämlich. Der Titel hält, was er verspricht: ein Slow Blues, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Gitarre übernimmt viel der Begleitung, Piano und Orgel sind hier weggedrückt, sie bieten eher einen harmonischen Unterboden für die Gitarre, die auch das Solo übernimmt. That’s The Way Love Turned Out For Me ist ein Titel von 1969 (Quinton Claunchund David Hall). Erneut ein Slow Blues, aber mit mehr Orgel und Bläser-Anteil und somit eine Abwechslung zum achten Titel. Ein Soul-Schmachtfetzen, wunderschön. Für konservativ eingestellte Bluesfans vielleicht schon zu weit im Soul, aber wen kümmert das Genre, wenn der Song gut ist? 

Don’t Let The Green Grass Fool You klingt mehr nach Country als es dann letzten Endes ist. Es ist ein fetziger Song, stilistisch zwischen Boogie-Shuffle und Swing, bei dem Cazzaniga «croont», und wenn die Bläser einsetzen sieht man leicht Sinatra auf grosser Bühne vor sich. Dieser Song macht mehr als andere deutlich, wie enorm eingespielt diese Combo ist. Das macht Spass zuzuhören und es klingt auch nach Spass für die Band. So schön kann gute Musik sein. 

Little Green Talking Frog ist ein Titel mit gesprochener Strophe. Cazzaniga muss sich an die Grenzen seiner Stimme begeben hierfür und es klingt immer wieder leicht hölzern. Musikalisch steht der Titel nicht hinter anderen zurück, für den Gesang ist der Titel zu ungeschliffen. Insgesamt der schwächste Titel des Albums. Die im Song erzählte Geschichte hingegen ist süss, denn wie zu erwarten, ist dies nicht einfach ein Frosch, sondern weil er spricht, entwickelt sich eine witzige Geschichte. 

Welcome Home wäre wohl erneut eher dem Soul zuzurechnen, aber auch dies ein wirklich schöner Titel, getragen von der besinnlichen Orgel. Ein schönes Liebeslied. Elvis Presleys Motto Taking Care of Business ist der Titel des nächsten Songs. Ein toller Shuffle, bei dem im Intro Elmore James mit Stevie Ray Vaughans Klang spielt. Dieser Titel ist musikalisch klar ein SRV-Tribute, den Titel schrieb Rudy Toombs für Freddie King. Bluecernes Version ist Freddie Kings Original sehr deutlich von der Aufnahmequalität her überlegen, und so holen die Luzerner mehr raus als es dem Texaner gelang. 

Mit dem letzten Titel There Goes That Train kommen die sieben wieder zu ihrem reichen Sound zurück, der auf der CD überwiegt, enorm unterstützt durch Nulischs Gesang. Erneut eine soullastige Nummer, erneut mit toller Orgel. Der Titel ist nicht zwingend als Abschluss des Albums, aber er bringt noch mal gut zusammen, was die Musik der Band auszeichnet: eingespielte Mechanismen, die zu einem tollen Groove führen, individuelle Virtuosität auf allen Posten (der Bass ist auf einer CD erfahrungsgemäss am wenigsten deutlich zu vernehmen, aber an den Stellen, wo man es hört, ist Michi Bütikofers Tiefsaiter der Fels, auf den die Musik baut). 

1. Here I Come Again
2. He Was A Friend Of Mine
3. Am I Wasting My Time
4. Hot Little Mama
5. I Got Loaded
6. You Tore My Playhouse Down
7. Double Eyed Whammy
8. Slow Blues
9. That’s The Way Love Turned Out For Me
10. Don’t Let The Green Grass Fool You
11. Little Green Talking Frog
12.
Welcome Home
13. Taking Care of Business
14. There Goes That Train