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Biscuit Jack - We Belong Together

Die Doppelspitze

Die Luzerner Band Biscuit Jack schreibt ihre Titel selbst. So war das schon auf dem Erstling von 2005 und nicht anders verhält es sich auf der neuen CD, die am 27. Januar mit einer CD-Taufe im Luzerner Stadtkeller gefeiert wird. Die CD enthält eine Stunde unterschiedlicher Musik, die verschiedene Facetten der Band repräsentiert. Sascha Koch und Heinz «Moby» Arnold haben 14 der Titel geschrieben. Die Unterschiede zwischen beiden Autoren sind klar auszumachen, aber der gemeinsame Boden bleibt der Blues, der verbindet – und ein exzellenter Thomas Stocker an den Drums. Somit scheint We Belong Together ein Bekenntnis zu dieser Band zu sein, die wie der Eisenbahnzug auf dem Cover sich einmal hinter Kochsund einmal hinter ArnoldsDampflokomotive spannen lassen. Und wenn nicht – wie auf dem Cover – ein Prellbock die Weiterfahrt verhindert, kann dieser Zug noch viel im Rhythmus stampfen.

Biscuit Jack hat nach dem nur 5 Titel umfassenden Erstlingswerk Keep it Alive mit We Belong Together ein Album vorgelegt, das aufhorchen lässt: 15 Songs, 14 davon Eigenkompositionen. Respekt. Die Erstlingsscheibe wurde auf diesen Seiten ebenso besprochen wie die Band selbst und die beiden Veröffentlichungen haben gewisse Ähnlichkeiten, da ist nicht bloss das Cover-Motiv nicht mehr gebrauchter Verkehrsmittel. Aber die neue CD zeigt mehr Seiten und sie bietet mehr Klänge. Deshalb sei erneut auf die CD-Taufe verwiesen am 27. Januar 2012 im «Stadtkeller» in Luzern.

Die neue CD ist kein reiner Blues, wenn dieser auch die Basis bietet. Musikalisch entfernt sich Biscuit Jack immer wieder von dieser Basis. Trotzdem ist We Belong Together sicher weitgehend ein Bluesalbum. Wie gesagt schrieben Gitarrist Sascha Koch und Keyboarder Heinz «Moby» Arnold die Titel des Albums, allerdings anscheinend nicht wie McCartney und Lennon in enger Zusammenarbeit, sondern mehr als Doppelspitze wie Freddie Mercury und Brian May so, dass jeder einen gewissen Stil in die Musik der Band einbringt. Kochs Titel sind stilistisch enger beim Texas Blues, wobei Sascha Koch über ein grösseres Arsenal an Gitarrensounds verfügt, was der Band gut tut, hier tun sich Spielarten auf. «Moby» Arnolds Titel sind generell weniger eindeutig bluesig. Hier sind jazzige Balladen und Rocktitel, Rock’n’Roll und sogar ein New-Orleans-Pianosong zu hören, durchaus mit Songwriting-Skills. Die Titel weisen in der Regel einen Bridge-Teil auf, ein gepflegtes Solo, das ist sehr routiniert.

Auch die Lyrics sind unterschiedlich: Die musikalische Gradlinigkeit setzt sich in Kochs Titeln im Gesang fort, der geradezu auf eine Collage von Versatzstücken der Blues- und Rock-Lyrics setzt. Bei seinen Titeln ist der Gesang tendenziell ein Teil der Musik. Arnolds Texte sind hingegen ambitionierter, wollen eine Geschichte erzählen, was zumindest für meine Ohren nicht immer glückt, aber doch eine Reihe witziger Momente bietet.

Neben diesen beiden gibt es die exzellente Rhythmusgruppe, bestehend aus Thomas Stocker an den Drums und Fredy von Moos am Bass. Die beiden befeuern die Band mit Leben, das Schlagzeug hat stets einen Plan, wo es hinwill, der Bass ist eher kuschelig und weich, bietet Behaglichkeit. Schliesslich die Horn Section: diese besteht aus Patrik Röösli am Tenorsax und Martin Scheidegger an der Trompete. Die zwei sind auch in der Formation Bluecerne zu bewundern, ebenso wie natürlich auch «Moby» Arnold. Als drittes Horn gesellt sich hier das Bariton-Sax von Marcel Ming dazu.

Die CD geht los mit You Never Answer My Email einer Rocknummer, die als Opener gute Stimmung schafft. San Antonio River Walk ist ebenfalls eher rockig, Kochs Verneigung vor der Stadt in Texas. Es folgt das einzige Cover:  Going Down To The River, geschrieben von Carla Daruda wurde von der Band Saffire – The Uppity Blues Women 2009 auf Havin' The Last Word veröffentlicht. Hier ist ein erstes Mal ein New Orleans-Feeling drin, das im letzten Titel ebenfalls die Füsse ins Schwingen bringt.

I Changed the Lock ist ein Slow Blues mit sanft wabernder Hammond-Orgel und einer äusserst passenden Gitarre im Stil von Lucille. Weekend Millionaire ist ein funky Titel mit üppigen Horneinsätzen und einem drivenden Rhythmus, und bei 1:38 bricht der Titel unvermittelt ab und wird für 30 Sekunden zu einer Art Power-Ballade, ehe der Abschluss dann wieder dieses Funk-Gefühl vermittelt. Dieser Zwischenteil irritierte etwas, aber Layla wurde schliesslich auch ein grosser Titel, trotz eines unvermittelten musikalischen Übergangs.

Der nächste Titel ist aus meiner Sicht ein Missgriff: Once In Your Lifetime klingt etwas zu sehr nach Stefan Sulke, ein sehr schmusiger Titel. In der Pianobar sicher ein Renner, im Kontext dieser Titel für den einen ein Stilbruch, aber für den anderen auch eine willkommene Abwechslung. Sick and Sad ist ein Slow Blues, vorbildlich ausgespielt, grosse Spannungsbögen im Gesang, Gitarre und Klavier und dazu das unbarmherzige Schlagzeug. Sehr schön. I’m Looking For You hat einen bluesigen Schuh-Biduh-Swing und ein Orgelsolo, bei dem man lauter dreht.

Waiting such a Long Time ist wiederum ein auffälliger Titel, denn eigentlich ist dies ist der klassische Bluesrock-Titel: Riffbasierte Strophen, 2 Gitarrensoli, klassisch eben. Aber auch der Vintage-Sound orientiert sich am Vorbild von Cream oder vielleicht den Bluesbreakers. Koch hat erneut genau die richtige Verzerrung getroffen um diesen fuzzy Vintage-Sound zu kreieren.

Es folgt der Titel 50 Years of Rock’n’Roll. Dieser ist sehr textbetont, eine Art We Didn’t Start the Fire über die Geschichte des Rock’n’Roll. Dabei scheut der Text sich nicht vor Klischees und nicht vor schrägen Reimen. Was witzig anfängt als Klage, dass der Rock’n’Roll nun ja in die Jahre gekommen ist - wie mit der Zeile «Sweet sixteen is sixty and bald» angedeutet – wird bald eine Aufzählung von Klischees aus der Goldenen Ära: «Blues Suede Shoes are lying in the rain / Johnny B. Goode is really getting insane». Nicht jeder ist wie Cole Porter ein Meister der witzigen Aufzählung und so wird der Titel etwas repetitiv. Mit 4:31 ist er zudem etwas lang. Vor allem aber ist der Titel selbst nur teilweise ein Rock’n’Roll. Immer an den Refrainstellen vollzieht das Schlagzeug den Rhythmuswechsel zu eben diesem Rock’n’Roll. Die einzelnen aufzählenden Strophen selbst klingen nicht nach Rock’n’Roll. Am besten gefielen hierbei die schönen Bläsersätze.

Dance the Blues ist ein fröhlicher Jump-Blues, in dem Arnolds Orgel fröhlich und beschwingt klingt. It’s Hard to Decide kommt daher wie die Filmmusik zu einer Detektivstory. Die Unsicherheiten den modernen Lebens nämlich sind es, die dem Erzähler Mühe machen: «Shall I wear my old Blues jeans or shall I dress all in red / shall I wear a coloured shirt or is a T-shirt okay?». In der Mitte des Songs gibt es ein hübsches Gtarrensolo mit erneut bewundernswert schönem Clean-Overdrive Sound. My Blues ist ein Chicago-Shuffle mit Harmonika und einem funky Beat. Das Solo wird zum Duett mit zwei Saxophonen. We Belong Together ist ein leichter und luftiger Titel, die Orgel schwebt auf den Triolen des Schlagzeugs und dem tiefen Klangflokati der Basslinien. Dazu eine verhaltene Gitarre. Die Orgel nimmt dies im Solo auf und treibt die schwebende Stimmung weiter voran. Der Titelsong ist wirklich ein Knaller.

Der Abschluss ist Professor Longhair Is Gone. Dieser Titel ist, wie nicht anders zu erwarten, ein Tribute an den unsterblichen Henry Roeland Byrd (1918–1980), natürlich in dessen New Orleans-Stil gespielt. Bei dieser Musik kommt es ja darauf an, dass die komplexen und anspruchsvollen Rhythmen und die verschiedenen gegeneinanderlaufenden Melodielinien mühelos und beschwingt aus dem Klavier perlen. Der Titel orientiert sich an den anspruchsvolleren Stücken wie Tipitina oder Hey Now Baby und Heinz Arnold bringt das wirklich überzeugend rüber. Ein Showcase dieser Titel.

Die CD gibt’s für Fr. 25.- auf der Homepage der Band Die CD ist insgesamt gut, für mich persönlich nicht nur Hits, auch einige Misses, aber auch diese waren spannend und unterhaltsam anzuhören. Die hohe Qualität der Aufnahme ist zudem ein Genuss.

 
Biscuit Jack - We Belong Together (2011)

Sascha Koch (guitar, vocals)
Moby Arnold (keys, piano, harp)
Thomas Stocker (drums
Fredy von Moos (bass)
Patrik Röösli (tenor-sax)
Marcel Ming (baritone-sax)
Martin Scheidegger (trumpet)
 
1 You Never Answer My Emails (Arnold)
2 San Antonio River Walk (Koch)
3 Going Down To The River (Carla Daruda)
4 I Changed The Lock (Arnold)
5 Weekend Millionaire (Koch)
6 Once In Your Lifetime (Arnold)
7 Sick And Sad (Koch)
8 I’m Looking For You (Arnold)
9 Waiting Such A Long Time (Koch)
10 50 Years Of Rock’n’Roll (Arnold)
11 Dance the Blues (Arnold)
12 It’s Hard to Decide (Arnold)
13 My Blues (Arnold)
14 We Belong Together (Arnold)
15 Professor Longhair Is Gone (Arnold)