Cream Royal Albert Hall London
Doch was auf diesen beiden DVD drauf ist, das hatte ich gleichwohl nicht erwartet. Der Zusammenschnitt der vier Konzerte in der Royal Albert Hall ist eine Kompilation von etwas Magischem, beinahe Übernatürlichem. Das Zusammenspiel von Schlagzeuge Ginger Baker, Bassist Jack Bruce und Gitarrist Eric Clapton war in den 60er Jahren genial, atemberaubend, wild und ungestüm.
Dann haben die drei bekanntlich dreissig Jahre nicht mehr zusammen gespielt und kamen dann für diese historischen Konzerte wieder zusammen. Auf Betreiben Eric Claptons, wie Ginger Baker zu Beginn der Interviews deutlich macht.
Clapton sagt, dass er dreissig Jahre lang immer wieder gefragt wurde, ob es wohl zu einer Wiedervereinigung kommen könnte, ob die drei wohl jemals wieder zusammen spielen würden, und er war die Fragerei satt, und zudem wurde ihm klar, dass andere Ikonen der 60er Jahre nicht mehr zusammen spielen könnten, weil entweder manche der Mitglieder nicht mehr lebten (Beatles, Led Zepplin) oder die Musiker persönlich vollkommen inkompatibel waren.
Dann kamen die drei also zusammen und haben 2005 diese historischen vier Konzerte aufgenommen. Das Ergebnis ist besser als von allen erwartet, inklusive den Musikern selbst, wie Ginger Baker klar macht.
Eric Clapton ist nie so gut, wie wenn er von Jack Bruces Bass und dem unerbittlichen Schlagzeug Bakers angetrieben wird, er spielt mit einer Klarheit und Sauberkeit, gleichzeitig mitreissend wie selten oder nie. Clapton spielt auf allen Konzerten eine Fender Stratocaster, mit modernen Pickups, also weder eine Vintage Strat noch erlag er der Versuchung, eine Gibson SG zu spielen wie damals. Die Verstärkung ist ebenfalls modern, keine Marshall Amps, sondern moderne Ausrüstung.
Jack Bruce seinerseits verzichtet auf seinen alten Bass der Bauart Gibson EB-3 und spielt einen modernen fretless Bass, also einen E-Bass ohne Bünde. Er sagt im Interview, dass sie es anfänglich mit dem alten Bass versucht hätten, aber es habe nicht hingehauen.
So spielen die drei alten Männer (Bruce ist zum Zeitpunkt des Konzerts 61, Clapton 60 und Baker 65) mit moderner Ausrüstung ihre alten Songs nach - und klingen dabei erstaunlich und enorm frisch und knackig. Die Aufnahmen der 60er sind manchmal etwas verschwommen, sei es durch die Aufnahmetechnik, durch die Instrumentierung oder durch Drogenkonsum der drei Musiker, hier aber spielen sie clean und jeder Hinsicht, und dadurch werden sie gegenüber den Details aufmerksamer und feinfühliger.
Sie spielen die alten Songs, mit Ausnahme von Muddy Waters «Rolling and Tumbling» sowie T-Bone Walkers «Stormy Monday», die sie - wohl auf Drängen Claptons - in die Setlist aufnahmen. Alle Songs sind grossartig, von Baerks Schlagzeugsolo «Toad» bis zu Bakers Mundharmonika Tour-de-Force «Sitting on Top of The World».
Diese Konzerte sind ein Stück Musikgeschichte, und das zurecht, sie sind grossartige Dokumente einer vergangenen Zeit, die klar machen, wieso die British Revolution die USA erreichen und verändern konnte, die deutlich machen, wieso Cream eine herausragende Band waren.
Wenn es einen Wertmutstropfen gibt, dann den, dass sie von meinen persönlichen Lieblingsliedern nicht «Tales of Brave Ulysses» spielten und dass es keine grosse Europatournee gab, auf denen man die drei hätte Live bestaunen können.
Tracks:
DVD 1
01 Im So Glad
02 Spoonful
03 Outside Woman Blues
04 Pressed Rat & Warthog
05 Sleepy Time Time
06 N.S.U.
07 Badge
08 Politician
09 Sweet Wine
10 Rollin & Tumblin
11 Stormy Monday
12 Deserted Cities Of The Heart
13 Born Under A Bad Sign
14 We're Going Wrong
Bonus:Sleepy Time Time, We're Going Wrong
DVD 2
15 Crossroads
16 Sitting On Top Of The World
17 White Room
18 Toad
19 Sunshine Of Your Love
Bonus:Sunshine Of Your Love
Extras:Interview (16 Minuten) mit den drei Musikern (je individuell aufgenommen)