Shine A Light
Shine a Light von Martin Scorsese
Eine vorweggenommene DVD Rezension diesmal, denn der Film läuft aktuell seit dem 17. April 2008 in den Schweizer Kinos, in der Romandie kann man ihn schon seit dem 16. April sehen. Wir haben ihn uns auch angesehen.
Rolling Stones don't gather moss sagt das Sprichwort. Die vier Herren haben wohl einige Falten - oder sogar schon Runzeln, aber sicher kein Moos angesetzt. Im Film Shine A Light von Martin Scorsese wird deutlich, dass die Rolling Stones am Besten sind, wenn sie alleine auf der Bühne stehen. Ihre Form des Rock besticht letztlich durch eine Schichtung von Begleitungen - Charlie Watts am Schlagzeug, Ron Wood und Keith Richards and den Gitarren - und über diesen Klangteppich wird die Stimme von Mick Jagger gesetzt. Dabei wirken sie lässig bis nachlässig und strahlen genau die Selbstverständlichkeit aus, die sich offenbar nach über 40 Jahren zusammen spielen einstellt. Keiner muss noch etwas beweisen, und sie wollen einfach Spass haben, wie Charlie Watts in den 1960ern in einem prophetischen Interview sagte, das Scorsese in den Film einflicht.
Zu diesem stets differenziert wahrnehmbaren Klangteppich trägt auch die hauseigene Begleitband bei. Darin hervorzuheben ist ausser dem Bassisten insbesondere der Tenorsaxophonist der vierköpfigen Horn-section und die Backgroundsänger sowie der Pianist. Hier gibt es ein Wiedersehen mit Chuck Lavelle, der auf Unplugged Clapton begleitet hat.
Scorseses Film ist ebenso gradlinig wie die Musik der Stones: Er beginnt mit den Konzertvorbereitungen, gefilmt in schwarz-weiss. In diesen Sequenzen wird deutlich, dass Scorsese und Jagger gleichstark detailbesessene Perfektionisten sind. Dann folgt die Zeit vor dem Auftritt und das Begrüssen von Special Guests wie Bill und Hillary Clinton und schliesslich das Konzert selbst. Hier werden immer nach rund zwei Stücken Filmsequenzen dazwischengeschnitten, vornehmlich solche aus den Anfangsjahren der Band, und es ist schlicht rührend zu sehen, wie der blutjunge und faltenlose Jagger auf die Frage „wie lange macht Ihr das noch" antwortet „Na, sicher noch ein Jahr."
Ein für Bluesfans herbeigesehnter Höhepunkt ist der Gastauftritt von Buddy Guy. Er und die Rolling Stones spielen zusammen „Champagne and Refer" (Original auf Muddy Waters Album King Bee) und Guy spielt ein Solo, bei dem sich Wood und Richards um die besten Zuschauerplätze balgen. Musikalisch ist der Auftritt, wie auch die anderen mit „Special Guests" Jack White und Christina Aguilera leider etwas enttäuschend, denn die Stones sind eben am besten alleine. Dafür sendet Guy einen präsenten und klaren Blick aus, der einem durch Mark und Bein geht. Weise und doch alterslose Augen, die uns minutenlang anzusehen scheinen.
Die Set List, von Scorsese im Vorfeld des Konzertes mehrfach eindringlich gefordert, bietet eine erwartbare Auswahl mehr oder weniger bekannter Stücke des Stones-Katalogs. Beispiele gefällig?: „Jumping Jack Flash", „Some Girls", das Jagger/Richards Duett „As Tears go By", „Sympathy for the Devil" bis zum voraussehbaren und fulminanten Schlusspunkt „Satisfaction". Besonders gefallen haben mir die beiden von Keith Richards gesungenen Stücke, darunter das sehr schöne „You Got the Silver".
Der Kinoeintritt ist eine lohnende Investition, und man sieht die Musiker hautnah und erlebt eine Unzahl winziger Momente, die zum Gesamteindruck beitragen, dass der Film Vergnügen bereiten will, nicht dokumentieren, und so schafft er zwei unterhaltsame Stunden.
Originaltitel: Shine a Light - The Rolling Stones in Concert
Deutscher Titel: Shine A Light
Filmlänge: 120min
Land (Jahr): Grossbritannien USA (2008)
Genre: Dokumentation, Musikfilm
Besetzung: Christina Aguilera, Byrdie Bell, Blondie Chaplin, Gary Cherkassky, Bill Clinton, Hillary Rodham Clinton, Lisa Fischer, Buddy Guy, Mick Jagger, Darryl Jones, Bobby Keys, Kimberly Magness, Rebecca Merle, Keith Richards, Martin Scorsese, Charlie Watts, Jack White, Ron Wood, Michael Ciesla, Michael Gross
Regie: Martin Scorsese
Kamera: Robert Richardson
Produktion: Steve Bing, Michael Cohl, Victoria Pearman, Jane Rose, Zane Weiner, Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts, Ron Wood