Blues tötet Koalabären?
Koalabären sind knuddelige Tiere. Die nur in Australien beheimateten Beutelbären mit einer geschätzten Population von 45’000-80'000 Individuen sind Synonyme für den Fünften Kontinent, und mir ihrem menschenähnlichen Gesichtsausdruck, den runden Knopfaugen und den mit dichten Püscheln bewachsenen Ohren sind sie in der Tat natürliche Sympathieträger. Manche behaupten, ihre ruhige, fast behäbige Art der Fortbewegung hänge damit zusammen, dass die sich von Eukaylptusblättern ernährenden Säugetiere ständig mit dem Rausch der ätherischen Öle zugedröhnt seien.
Tatsächlich sind die Baumbären einfach nachtaktiv und damit eben nicht zu aufgeweckt, wenn die Touristen kommen und sie streicheln wollen. Als nachtaktive Tiere verfügen sie zudem über ein gutes Gehör, und das könnte das Problem sein: Stephen Phillips schreibt in einem Fachartikel der Zeitschrift Australian Mammalogy vom 15. Januar 2016, dass das fünftägige Musikfestival die Bären, die zwischen 525 und 725 Metern vom Festivalgelände lebten, sich für die Dauer des Festivals weiter zurückzogen, nur um nach dem Festival wieder näher zu ziehen. Für die sonst sehr stationären Tiere sei das ein ungewöhnliches Verhalten.
Sieben Koalas wurden 2010 mit Funksendern ausgerüstet, und heute lebte keiner dieser Beutelbären mehr. Allerdings haben die Bären eine Lebenserwartung von zehn (Männchen), bzw. 15 Jahren (Weibchen), und Tiere in unmittelbarer Nähe zu menschlichen Lebensräumen haben eine noch einmal deutlich kürzere Lebenserwartung.
Das «Byron Bay Bluesfest» sieht als Gründe für deren Verschwinden eher wilde Hunde, gegen die das Bluesfest seit Jahren eine Eindämmungs-Strategie verfolgt. Dr. Sean FitzGibbon von der Universität Queensland sagt, dass die Studie interessante Aspekte enthalte, aber dass die Migrationen der Koalas nicht ursächlich mit der lauten Musik in Zusammenhang gebracht werden könne. Sie erklärt sich das Verschwinden der Tiere auch mit Krankheiten und den Wildhunden.
Aus Schweizer Sicht wäre es bestimmt spannend, diesen Zusammenhang weiter zu untersuchen, etwa indem man die Murmeltierpopulation in der Umgebung der in den Bergen stattfindenden Festivals wie dem «Zermatt Unplugged» oder dem Festival im Gampel untersucht. Es gibt also noch viel zu tun, aber unter dem Strich bleibt es eine klare Tatsache, dass Menschen mit ihrem eher limitierten Gehör und der Fähigkeit, enormen Krach zu veranstalten, Tiere in grossen Stress versetzen, man denke nur an das Leiden von Haustieren während Feuerwerksorgien wie Neujahr oder dem 1. August.