17. Bluesfestival Basel 2016
Geschichten vortragen, das war schon immer ein wesentlicher Bestandteil des Blues. Sie erzählen vom Alltag, von den Sorgen, Niederlagen und Höhepunkten, die jeder erlebt. Dabei spielt es gar keine Rolle, wo man zuhause ist und wie die individuellen Lebensumstände sind. Die Gefühle sind dieselben, ob man im Baumwollfeld gepiesackt wird, oder am Fliessband, ob man am Mississippi verliebt ist, oder an der Aare. Diese Geschichten dann musikalisch attraktiv zu verpacken und so vorzutragen, dass wir im Saal sie nachfühlen können, das ist die eigentliche Kunst. Einer, der das gut kann, ist Pascal Geiser. Das bewies er an diesem Abend eindrücklich mit einem begeisternden Auftritt. Er hatte sich dafür neben der Stammbesetzung mit Shanky Wyser (kb), Slobodan Stojic (git), Claudio Berla (b) und Fabian Studer (dr) eine Hornsection auf die Bühne geholt: Ernst «Erni» Buchinger (tp), Stefan Künzli (sax) und Dominique «Domi» Honauer (tb), die von Bluesaholics bekannt sein dürften. Entsprechend satt war der Sound der Band.
Als Bluesmusiker habe man den Vorteil, bei allen Arten von Steinen, die einem das Schicksal in den Weg legt, einfach einen Song schreiben zu können, um damit seine Gefühle zu bewältigen, so der Sänger, Gitarrist, Harmonikaspieler und Songschreiber. Dann erzählte er in seinen Songs aus seinem Leben, unter anderem wie er zum Blues kam, wie er seinen besten Freund verlor, wie er verlassen wurde und dass auch ein glücklicher Mann guten Blues spielen kann.
Dabei präsentierte sich die Band facettenreich und stilistisch vielseitig. Mal gab es R&B, mal waren Latin Einflüsse zu hören, dann wieder spielte die Gruppe im Louisiana Stil. Shanky Wyser und Slobodan Stojic steuerten attraktive Soli bei. Geiser selbst entpuppte sich als begabter Unterhalter, dem der Kontakt zum Publikum gleich zu Beginn der Show mühelos gelang und das auch durch den ganzen Auftritt gekonnt weiterzog. Alles in allem war dieser erste Auftritt im Rahmen eines grossen Festivals überzeugend. Starke Präsenz, durchgehend saubere Arrangements, Spielfreude aller beteiligten Interpreten und ein attraktives Repertoire dürften dafür sorgen, dass man von dieser Band bald mehr hören wird. Sie steht im Übrigen im Finale der Swiss Blues Challenge, das am 1. Juli 2016 im Rahmen des Summerblues in Basel stattfinden wird.
Nach diesem Auftritt wurde Louis van der Haegen mit dem «Swiss Blues Lifetime Achievement Award» ausgezeichnet. Der Preis wurde 2012 ins Leben gerufen und ehrt den Empfänger für ein lang andauerndes Engagement für den Blues, das heisst eigentlich für ein Lebenswerk. Er wird in zwanglosen Intervallen verliehen. Bisher erhielten ihn Claude Nobs (Jazz Festival Montreux) und Guido Schmidt (Bluesfestival Luzern). Übergeben wurde der Preis von Fred Notter, dem Präsidenten der Jury, die Laudatio hielt Guido Schmidt, der die Verdienste des Geehrten hervorhob.
Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Louis van der Haegen sich sein Leben lang für die schwarze Musik eingesetzt hat. Lange bevor er das Bluesfestival in Basel ins Leben rief, hatte er in Luzern einen Jazzclub geleitet und bot Stars wie Kid Ory oder Sidney Bechet einen Auftritt. Dies in einer Zeit, in der Jazz und Blues in den Schweizer Medien neben Volksmusik und Klassik kaum Raum erhielt. Daneben schrieb er Konzertkritiken für zwei Luzerner Tageszeitungen. Ausserdem konnte er etliche Preise für Jazz-Fotos holen. Er präsidierte zwanzig Jahre lang den Jazzclub Aesch/Pfeffingen, wofür er 2005 den «Kultur-, Sozial- und Sportpreis» erhielt. Im Weiteren war er als Impresario tätig und betreute Othella Dallas, die Chicago Dave Blues Band, den Countrysänger Heinz Flückiger und das Alphorntalent Eliane Bürki. Schliesslich rief er 1999 das Bluesfestival Basel ins Leben und führte es zur heutigen Position in der Schweizer Festivallandschaft. Ausserdem war er Mitbegründer des Basler Summerblues Openair Festivals, das jeweils zum Beginn der Schulferien stattfindet.
Leider wurde die Übergabe der Auszeichnung dem Anlass nicht gerecht, ein Mangel, der auch bei der Verleihung des Swiss Blues Awards jeweils auffällt. Ein wenig mehr Festlichkeit, ein bisschen mehr Glamour, ein Hauch von Inszenierung würde beiden Anlässen guttun. Ein Politiker oder eine Politikerin, die kaum Ahnung haben, worum es geht und nicht einmal den Namen des Preisempfängers auswendig kennen, machen keinen sonderlich guten Eindruck. Vielleicht sollte man eher eine prominente Künstlerin, oder einen Künstler aus der Szene dafür gewinnen, der/die auch bekannt ist und weiss, wovon die Rede ist. Man müsste auch einen Ort auf der Bühne schaffen, wo die Übergabe durchgeführt wird und man sollte sich die Zeit lassen, die dafür nötig ist. Stattdessen wird der Preis noch schnell vor der Pause, eingezwängt zwischen Mikrofonständern, Monitoren und Verstärkerkabel irgendwo auf der Bühne überreicht, hemdsärmelig und ohne Gespür für Dramaturgie. Im Falle von Louis van der Haegen hat man eine zusätzliche Chance verpasst. Sam Burckhardt schrieb 2011 eigens für ihn den Song «For Louis». Im Anschluss an die Preisverleihung hatte Burckhardt einen Auftritt. Es wäre ein leichtes gewesen, zu Beginn des Acts diesen Blues zu Ehren des Preisempfängers aufführen zu lassen. Etwas mehr Mühe stünde der Preisverleihung gut an.
Das folgende Schlusskonzert konnte ich leider nicht mehr verfolgen, da ich einer Verpflichtung wegen das Festival vorzeitig verlassen musste. Das Lineup der Sunnyland Slim Alumni Band zusammen mit der Sängerin Liz Mandeville dürften aber ein fulminantes Ende des Festivals garantiert haben.