Grosse Stimme, grosse Gefühle
Stimmphänomen und Nachwuchs-Star Gregory Porter war gestern Abend in der Zürcher Tonhalle zu hören. Begleitet von einem Quartett sang er seine aus dem Internet und von seinen CDs bekannten Hits und zeigt dabei eine im Jazz fussende musikalische Breite, die in Reggae, Folk, Gospel und den Blues hineinreicht. Das Konzert war ein Beispiel für eine postmoderne Genrelehre, bei der rhythmische und harmonische Grenzen nichts bedeuten, die Stimmung und der Unterhaltungswert aber alles. Die Stimme Porters ist warm und voll und freundlich und er zeigte, wieso er von «Blues Note Records» unter Vertrag genommen wurde und der neue Star ist im Jazz-Gesang.
Die Band wechselte innerhalb praktisch jeden Songs mehrfach die Rhythmen, behielt aber den Groove bei und es war eine pure Freude, dieser Band zuzuhören, insbesondere Emanuel Harrold war eine stets Freude. Satos Soli standen gegenüber denjenigen Crawfords eindeutig im Vordergrund. Gregory Porters Gesang war auf der Grundlage dieser jazzigen Begleitung sehr präsent und er zeigte die Bandbreite seiner Fähigkeiten: Swing wie Hit The Road Jack (gemeinsam mit For Sentimental Reasons die einzigen Covers), croonen und seufzen, all das kann Porter, aber sein Zugriff aufs Publikum ist am direktesten bei der Gospel-getränkten Balladenform, die bei vielen seiner Titel zur Anwendung gelangt. Er singt sich direkt ins Gefühlszentrum eines und einer jeden im Publikum und das offene Gesicht mit den freundlichen Augen, die zwischen der charakteristischen Ballonmütze und dem Kopftuch sowie dem Bart hervorblicken, versenden eindringliche Blicke.
Wenn man etwas kritisieren möchte, dann vielleicht eine gewisse Belanglosigkeit im Aufbau des Konzerts, in der Dramaturgie. Die Band und der Headliner absolvierten eben auch ein weiteres einer Reihe von Konzerten und es waren alles ähnlich komplex strukturierte Songs. Nach den gut 90 Minuten, die das Konzert dauerte, hätte man auch noch eine zweite Zugabe angehört, aber es war so auch in Ordnung.