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Bob Meyer, Threefold Return

bobmeyerthreefoldreturncdcover.jpgAls diese CD auf den Tisch der Bluesnews-Redaktion landete, schoben wir sie in den CD-Spieler und wussten sofort, dass dies keine einfache Rezension wird. Bob Meyer ist aber nicht nur für Rezensenten eine Herausforderung, sondern auch für Hörer. Er ist ein musikalischer Extremist, ein radikaler Spieler, jemand, aus dem die Musik einfach herausquillt, und der uns daran teilhaben lässt.

 

Der Mann sitzt mit seiner Gitarre alleine da, spielt und singt dazu (nicht auf allen Songs). Das Spezielle ist die konsequente und manchmal brutale Frugalität, mit der er seine Gitarre spielt. Viele Songs bestehen aus einem Akkord, und die Gitarre ist mehr wie ein Perkussionsinstrument als eine harmonische Begleitung. Manchmal klingt er sogar wie jemand, der gar nicht Gitarre spielen kann, sondern nur darauf herumprobiert (das vierte Lied I'm A Fool scheint nur auf zwei den dicken zwei Saiten gespielt). Immer aber macht er den Eindruck von jemandem, der für sich spielt, der nicht versucht, dem Publikum zu gefallen, sondern der das, was er tut, einfach tun MUSS.

Aber der Eindruck der Zufälligkeit, des Improvisierten täuscht, Bob Meyer weiss sehr genau, was er tut. Sein Gitarrenspiel ist reduziert, bewusst eingeschränkt. Er verwendet die Gitarre nur als Klangteppich, kaum als Melodieinstrument und kaum je spielt er Melodielinien (Nur in manchen Intros, Extros und im Stück Escondedo). Die schlichte, abgespeckte Art seines Gitarrespiels mag etwas damit zu tun haben, dass er als Linkshänder eine Rechtshänder-Gitarre verkehrt herum spielt, also im Stil von Albert King, Otis Rush oder Cool John Ferguson.

Sein Spiel passt ausgezeichnet zu Bob Meyers Gesang, der wie sein Gitarrenspiel reduziert und ursprünglich, ungeschliffen, rau und hart. Und genau diese Rohheit ist das Problem einer Rezension dieser CD: was beim einen Anhören als ursprünglich, authentisch und unmittelbar erscheint, kommt beim nächsten Abspielen der CD als monoton und langweilig daher, ja als nervtötend. So hypnotisch Meyers rollendes Spiel und Sing-sang sein mag, ebenso ist es eintönig. Sein unpolierte Musik treibt er auf die Spitze am Ende des ersten Songs, Southwark Bridge, der einfach abbricht, ohne einen Schluss oder auch nur ein Ausblenden.

Bob Meyer schafft es, durch seine Persönlichkeit, die in den Songs spürbar wird, durch seine Überzeugung, die in jedem Ton hörbar ist, die Lieder lebendig zu machen und zu halten. Er schafft es zugleich, wie ein alter Blueser zu wirken. Der Engländer Meyer spielt in der Tradition solcher unsterblicher Gründerväter des Blues wie Son House oder Blind Willie Johnson. Diese gibt Meyer als «Freunde» auf Myspace an, gemeinsam mit Leadbelly, aber tatsächlich ist die Verbindung weniger musikalisch als emotional. Meyer spielt kein Slide, er spielt nicht mal auf einer Western-Gitarre. Er spielt eine klassische Gitarre mit breitem Griffbrett und Nylonsaiten. Der Mann spielt dabei gar nicht mal Blues im eigentlichen harmonischen Sinn. Wenn man Meyer im Blues ansiedeln will, so wäre er wohl in die Kategorie Mississippi Hill Country Blues einzuteilen. Und in der Tat scheint mit R.L. Burnside ein zentrales Vorbild seiner Musik zu sein. In gewissen Stücken erinnert Meyers Art des Spiels an Ethno-Musik auf Saiteninstrumenten aus Südostasien oder China.

Und so ist es auch konsequent, dass er unter «Einflüsse» auf seiner Myspace-Seite die grossen vier nennt, die wohl jeder Musik zugrunde liegen: «life, love, hate, death». Hierüber gehen seine sämtlich selbst geschriebenen Songs. Wie gesagt, vom Standpunkt der Harmonielehre aus gesehen, spielt Bob Meyer keinen Blues. Trotzdem würden wohl viele Hörer diese Musik als Blues einreihen. Der Grund hierfür ist wohl die angesprochene emotionale Verwandtheit zwischen einem Musiker aus dem Norden von London heute und den Bluesern der 20er und 30er Jahre im Delta.

Es macht wenig Sinn die Songs hier einzeln zu beschreiben, die Charakterisierung seiner Musik gilt für die meisten seiner Stücke. Deshalb möchte ich mich hier den zwei Stücken widmen, die sich im Stil deutlich von den anderen abheben: das dritte Lied As She Flows und das neunte, Escondedo. As She Flows klingt nach Leonard Cohen, das andere ist ein Instrumentalstück im spanischen Stil, ein Stück, dass in dieser kargen CD wirkt wie eine Blume auf einer Alpwiese. Leider dauert es keine zwei Minuten. Es ist eben nur eine Blume auf einer ganzen Wiese.

Zusammengefasst darf man sagen, dass diese CD einzigartig ist, dass dies eine neue Art ist, den Blues zu verstehen und weiter zu entwickeln, indem er reduziert wird. Bob Meyer ist so sehr Blues wie Keith Jarretts Köln Concert ein Jazz-Album ist; und wie jenes Meisterstück der 70er Jahre gibt es auch auf dem Album von Meyer schwierige Passagen, aber als Ganzes gesehen ist dies ein grossartiges Album, eine wahre Entdeckung. Zur Zeit der «British Invasion » haben die Engländer den elektrischen Blues in ein neues Zeitalter katapultiert. Dies wird Bob Meyer alleine nicht schaffen, aber sein Album weist mindestens ebenso in die Zukunft des Country Blues wie jene von bekannteren Künstlern wie Corey Harris oder Alvin «Youngblood» Hart.

Die CD kostet nur 10 Pfund, und das ist im Moment kein Geld. Aber man sollte sich Bob Meyer unbedingt zuerst anhören. Deshalb: hört euch auf jeden Fall den Stil dieses Mannes im Netz an. Bob Meyer verfügt über eine Myspace-Seite, auf der manche der Songs anzuhören sind.Zu kaufen ist sie im Shop seines Labels Malicious Damage

Wer ihn spielen sehen möchte, was auch ein spannendes Erlebnis ist, auf der Homepage  maliciousdamage.biz

http://www.myspace.com/maliciousdamage79

Auf dem dritten Youtube-Video is Bob zu sehen.

Und schliesslich: Auf dem britischen Amazon gibt es die üblichen 30-Sekunden Hörbeispiele aller Titel der Scheibe

1. Southwark Bridge 3:40
2. Tilt 3:22
3. As She Flows 2:39
4. I'm A Fool 2:42
5. When I'm Gone 3:02
6. Rollin' Part 3 3:05
7. Baby Comin' Back 4:44
8. Mary Lou 3:23
9. Escondedo 1:49
10. Fast River Of No Return 3:07
11. Time To Go 3:02

Alle Songs geschrieben und gespielt von Bob Meyer.