Geschrieben von Rolf Winter am .

Jimmy Bowskill - Live

Kanadisches Wunderkind?

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Am 31. März war der vorerst einzige Auftritt von Jimmy Bowskill in der Schweiz - im «Dolder 2» in Feuerthalen. Wer es erlebt hat, wird wissen: Der Kanadier Bowskill ist ein vielversprechender Gitarrist und Sänger einer Bluesband. Und für jene, die es verpasst haben: Der Bluesnews-Redaktion liegt seine CD Live vor. 12 Titel (darunter Kompositionen von Paul Rodgers oder Peter Green) geben einen Einblick in die Fähigkeiten, aber auch in die Grenzen des erst 19-jährigen «Wunderkindes».

 

Jimmy BowskillAlles sieht gut aus: Jimmy Bowskill wurde bereits als elfjähriger von Jeff Healey entdeckt und gefördert. Wie dieser spielt auch Bowskill sowohl Slide als auch mit den Fingern. Als junger und fähiger Gitarrist erhielt er die Möglichkeit, sich als Profi-Musiker zu versuchen, so hat er als Opening Act für Dickey Betts, Garth Hudson, ZZ Top, Deep Purple und die Sam Roberts Band gespielt. Er wurde ausgezeichnet mit einem «Juno Award» für das beste Blues Album. So ist der junge Musiker auf dem besten Weg, einen Namen für sich zu machen, so wie vor ihm Johnny Lang, Kenny Wayne Shepherd oder andere Zukunftshoffnungen des Blues. Wie diese Vorgänger attestieren auch Jimmy Bowskill alle möglichen Leute Mengen von Potential und erklären damit die Zukunft des Blues als gesichert.

Auf seiner Homepage   heisst es: «Jimmy spielt mit einer Leidenschaft, welche die meisten Leute nie kennen werden oder schon lange verloren haben. Dies ist die Zukunft des Blues: roh, emotional und mit eingeübtem Gefühl und innovativem Talent ausgeführt. Jimmy ging direkt zurück zur Quelle und hat Robert Johnson und Son House angehört, er hat sich als Junge durch die alten Delta Bluesspieler gearbeitet und drückt seine zeitgenössischen Gefühle auf moderne Weise aus, aber die Stimmen der alten Meister sind noch immer in seinem Spiel zu vernehmen.»

Trotz dieser sehr vollmundigen Ankündigung einer eierlegenden Wollmilchsau des Blues muss ich nach Anhören des Albums sagen, dass diese Behauptungen ein bisschen sehr hoch gegriffen sind. Jimmy Bowskill ist ohne Zweifel ein sehr fähiger Gitarrist, er kann toll spielen und er hat ein gutes Powertrio zusammen: Ian Wilson spielt Bass, Dan Reiff Schlagzeug. Aber sein musikalisches Spektrum ist doch deutlich eingeschränkter als der Text vermuten lässt. Jimmy Bowskill bewegt sich im Korridor, den auch Joe Bonnamassa belegt: Bluesrock, bei dem der Blues sehr klein geschrieben wird. Noch vor 20 Jahren hätte man dem einfach Hardrock gesagt, denn bekanntlich wurzelt der Rock im Blues, und deshalb gibt es eben Elemente wie Shufflerhythmen in dieser Musik.

Bowskills Live-CD ist daher weniger ein Bluesalbum als Southern Rock, Hard Rock oder einfach Rockmusik: testosterongetriebene fetzige Sounds, die gut gespielt und gefällig sind, aber man hört die alten Deltameister an keiner Stelle. Die CD ist voll mit Anspielungen auf frühere Musiker, aber eben mehr Dickey Betts und Deep Purple als Son House. Als Beispiel sei B.B. Kings Frühwerk Three O'Clock in the Morning (Three o'Clock Blues) zitiert. Der den Meister zitierende Teil beschränkt sich auf das erste Intro, spätestens mit dem Gesang kommt Bonamassas «Over the Top»-Stil zum Tragen und der ursprüngliche Song ist dahin.

Um ganz deutlich zu sein: Das ist gute Musik, der Mann kann toll singen und er weiss ein Gitarrensolo zu spielen, dass einem die Ohren wackeln. Aber manchmal muss die Frage erlaubt sein, ob wirklich jedes Solo auf jedem Song der CD eine Tour de Force sein muss. Kurzum: trotz brillianter Musikalität und guter Stimme ging mir das Album bald auf den Geist, denn der Mann kennt noch keine Zwischenstufen, keine Abstufungen, alles läuft nach dem Prinzip «Mehr, mehr, mehr» und das ist manchmal schade. In den vergangenen 100 Jahren gab es viele grossartige Bluessongs, die von ihrer Zurückhaltung lebten und von Zwischentönen, und entweder interessiert das die junge Generation von Musikern nicht mehr oder die Produzenten versuchen verzweifelt den nächsten Gitarrenhelden zu erfinden, sei es im Versuch, die kaufkräftigen Jugendlichen zwieschen 14 und 19 anzulocken oder mit Blick auf die Zweitverwertungsrechte im Spiel Guitar Hero.

Jimmy Bowskill Band Live (2009)

  1. Far From Reality
  2. Rattlesnake Shake
  3. Walk In My Shadows
  4. Loser
  5. Be Mine
  6. Broke Down Engine
  7. Drifting Haze
  8. Diamond Ring
  9. Ride A Pony
  10. Karadag
  11. Three O'Clock In The Morning
  12. LinkOnto Your Chain