Tom Shaka und Adam Franklin
Von wegen «You Can't Get That Stuff No More»
Der Oldenburger Thomas Schleiken und sein 2012 gegründeter Verlag «Blind lemon Records» wurde hier bereits vorgestellt, und nun liegen die beiden neuesten Veröffentlichungen vor, beides ausserordentlich hörenswerte Alben von Tom Shaka und Adam Franklin. Das Label hat mit diesen zwei Publikationen das «Stängeli» vollgemacht und mit den Alben neun und zehn sein Portfolio gestärkt als der Platzhirsch für Roots Blues, Country Blues oder, wie es auf der Website des Verlags heisst: «Acoustic-Blues und Artverwandtes». Vom Amerikaner Tom Shaka liegt bereits das zweite Album vor und der Engländer Adam Franklin zeigt hier die beeindruckenden Früchte seines erstaunlichen Wandels vom Briten zum Delta Bluesman.
Mit diesen zwei neuen Alben etabliert sich Thomas Schleiken weiter als der Scout mit der speziellen Nase, bzw. Ohr. Beide Alben klingen schlicht perfekt, indem sie nicht überproduzierte Studioalben sind, sondern einfach und klar eingespielte Live-Mitschnitte ohne Overdubs und andere akustische Fotoshop-Retouschen. Das bedeutet, dass die Gitarren, eventuelle andere Instrumente und die Singstimme so zu hören sind, wie die Künstler sie an diesem Abend eingespielt haben: direkt, ehrlich und gradlinig, und wenn der Sänger den Kopf zurückbiegt, wird der Ton eben leiser. Dazu kommen die geschmackvollen Cover-Fotos: Im Fall von Adam Franklin ist dies eine monochrome Aufnahme mit der sanft altertümlichen Sepia-Tönung. Franklin sieht dabei grad und direkt in die Kamera, und das Bild geht ans Herz: ein Mann mit seiner National Dobro Resonator-Gitarre, nichts zu beschönigen, nichts zu verbergen: ehrlicher Blues. Die einzigen Hinweise, dass dieses Bild nicht aus den 1930er Jahren stammt, sind die Sneakers und die Armbanduhr. Als drittes Retro-Element sind die CDs selbst zu nennen, die Silberlinde kommen auf der etikettierten Seite mit den Pseudo-Rillen einer Vinyl-Scheibe daher.
Tom Shaka ist ein amerikanischer Künstler, der laut Wikipedia seit 1976 in Europa lebt, was ihn aber nicht davon abhält, sich in Protestbewegungen und US-bezogenen Verschwörungstheorien zu engagieren. Das CD Booklet von Sweet & Mean : Recorded Live ist mit Aphorismen von Martin Luther King, Albert Einstein, Thomas Jefferson, Frederick Douglass und Mahathma Gandhi ausgeschmückt. Auf der Musik des neuen Albums lässt er aber alle Politik aussen vor und konzentriert sich auf schöne Musik, gespielt auf seiner elektrisch verstärkten Resonator-Gitarre, teilweise mit Harp-Unterstützung von einem zweiten, namentlich nicht genannten Musiker. Bei Betrachtung der Trackliste fallen der zehnte und elfte Song auf, Elvis Presleys I Can’t Stop Lovin’ You gefolgt von Stevie Ray Vaughans Pride and Joy. Und wenn auch sein Gesang ebenso wenig an den Mann aus Mississippi herankommt wie sein Gitarrenspiel an jenes des Texaners, so stimmen beide Titel durch seine ehrliche und unprätentiöse Darbietung. Er singt die Lieder, weil er sie mag und sie ihm etwas bedeuten. Wie schon auf Mr. Delta Thunder, seinem Erstling für Schliekens Label, spielt er auch hier rauh und ohne Verzierungen, ganz in der Tradition seines Vorbilds Louisiana Red. Die 14 Titel bieten eine Vielzahl von Stilen, wenn ich auch auf Cajun Stomp wenig Louisiana zu hören vermochte. Jazzin’ the Blues ist ein schöner Closer, ehe dann mit On The Road Again eine 10-minütige Tour de Force das Album beschliesst, ganz im Stil John Lee Hookers gehalten. Der Mann kann Boogie und spanische Gitarre! Für letzteres vgl. sein Malaguena.
Adam Franklin, laut eigenen Angaben im CD-Booklet zu Outside Man der Sohn eines Jazzmusikers, spielt Gitarre in offenen Stimmungen und Standard, dazu auf zwei Songs die Ukulele. Er ist ein hervorragender Instrumentalist, aber vielleicht noch beeindruckender ist sein Gesang: Adam Franklin singt so perfekt wie ein Südstaaten-Amerikaner, dass man bei den gesprochenen Zwischentexten jeweils zusammenzuckt, wenn sein britisches Englisch wieder hervorkommt. Der Mann hat sich echte Zweisprachigkeit antrainiert.
Was er spielt und singt, das sind eine Mischung aus Covers und Eigenkompositionen, bzw. Texten, denn die Kompositionen sind in der Regel sanft adaptierte Klassiker. Bei den Covers greift er auf die gesamte Tradition zurück von Jelly Roll Mortons Dr. Jazz, Blind Boy Fullers Catman Blues bis zu Terraplane Blues von Robert Johnson. Auch Summertime oder St. James Infirmary werden dargeboten. Die Eigenkompositionen sind im Stil und Feeling der historischen Vorlagen und eigene Texte gehen nahtlos in Covers über und wieder zurück. Beim Zuhören stand mir (zum wippenden Fuss) immer wieder der Mund offen, und auch das Publikum im «Schwarzen Ross» im Deutschen Bookholzberg waren an diesem Abend beeindruckt: Während der Songs sind sie mucksmäuschenstill und nach Verhallen des letzten Tons wirkt der Applaus zunehmend frenetisch. Hoffen wir, dass Adam Franklin bald auch mal die Schweiz beehrt und hier seine wunderbar handgemachte Musik zum Besten gibt.
Beide Titel bringen eine alte Art des Blues neu zu Gehört, mit viel Sachverstand und einer zeitlos guten Produktion. Wenn also Adam Franklin singt, «You Can't Get That Stuff No More», so muss man sagen: Doch! Thomas Schlieken hat das feine Ohr, diese Musiker zu entdecken und ihnen den Freiraum zu gewähren, in dem Gutes geschieht. Schliesslich werden die CD wie der gesamte Katalog von Blind Lemon Records für je €15,50 zum Versand angeboten.
Tom Shaka Sweet & Mean : Recorded Live
1. | Into the Blue | 1:46 |
2. | Ride With Me Tonight | 4:35 |
3. | Come on Over Baby | 5:19 |
4. | They Don't Understand these Blues | 4:38 |
5. | I'm in the Mood | 5:39 |
6. | Cajun Stomp | 2:52 |
7. | Walkin' My Blues Away | 4:57 |
8. | Catfish Blues | 4:31 |
9. | Malaguena | 4:34 |
10. | I Can't Stop Lovin' You | 6:13 |
11. | Pride and Joy | 4:35 |
12. | Shake Your Hips | 6:20 |
13. | Jazzin' the Blues | 6:43 |
14. | On the Road Again | 10:10 |
Adam Franklin Outside Man
1. | I'm Walkin' | 2:04 |
2. | Jumpin' At Shadows | 1:44 |
3. | Never Drive A Stranger From Your Door | 2:44 |
4. | Catman Blues | 3:54 |
5. | Tuckin' With My Baby (On A Friday Night) | 2:54 |
6. | Teaching Rag/I'm Gonna Get High | 2:44 |
7. | Terraplane Blues | 3:50 |
8. | Crazy Crazy Baby | 1:47 |
9. | Outisde Man | 2:55 |
10. | You Can't Get That Stuff No More | 3:10 |
11. | Jazz Hole Boogie | 3:17 |
12. | Tell Me Mama | 3:19 |
13. | Walkin' My Troubles Away | 2:54 |
14. | Jackie Nunn | 3:09 |
15. | Summertime/St James Infirmary | 4:59 |
16. | Steve's Train | 3:50 |
17. | I Want You To Know | 2:20 |
18. | Dr. Jazz | 3:22 |
19. | Preachin' Blues | 3:42 |
20. | Cross Your Heart | 3:55 |
21. | Love In Vain | 3:07 |