The Blues Giants im Atlantis
Doch schön der Reihe nach: Seit ein paar Jahren organisiert «Groove Now» hochstehende Konzerte mit Hauptgewicht Blues und Soul in Basel. Anfänglich gingen die Konzerte im Sudhaus Warteck über die Bühne, dann wechselte der Veranstalter in den grossen Saal des Volkshauses Basel. Dieser Saal überzeugt zwar durch seine gute Akustik, seine kühle, etwas distanzierte Atmosphäre aber kommt dem Blues nicht gerade entgegen, schreit dieser Musikstil doch förmlich nach Intimität und Geborgenheit einer Bar oder eines überschaubaren Musikclubs.
Kein Ort in Basel ist besser geeignet für den Blues als das legendäre Atlantis. Vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren erlebte das «Tis», wie die Basler Musikfans dieses Lokal liebevoll nennen, seine Hochblüte als Musikclub und hatte unter Bands einen klangvollen Namen. Aus ganz Europa, ja selbst aus den USA strömten die Bands der damaligen Clubszene nach Basel, um im Tis zu spielen. Doch dann, in den 1990ern erfolgte der langsame Niedergang, bis der Club die Konzerte einstellte und zu einem Tanzschuppen degradiert wurde. 2007 keimte wieder Hoffnung auf. Das Lokal wurde renoviert und zum Restaurant und Eventlokal von heute umgestaltet.
Schliesslich hatte Groove Now die zündende Idee: Das Atlantis ist der ideale Ort für Soul und Blues, warum also nicht die Konzerte dort organisieren? Gedacht, getan. Groove Now und die Leitung vom Atlantis setzten sich zusammen und nach zähen Verhandlungen wurde man sich einig: Der Veranstalter verlässt das Volkshaus Basel und führt seine Konzerte ab Januar 2017 im Atlantis durch. Und da das Lokal wesentlich weniger Plätze zu Verfügung hat (maximal 250 Personen) als das Volkshaus (maximal 1'300 Personen), finden die Konzerte in Zukunft an zwei Abenden hintereinander statt, was übrigens für die Musikfans auch ihren Vorteil hat. Sie haben nun zwei Daten für den Konzertbesuch zur Verfügung, was eine grössere Flexibilität in der Agenda ermöglicht.
Seit Wochen schon fieberten die Liebhaber des Soul und Blues weit über Basel hinaus dem Eröffnungskonzert von Groove Now im Basler Restaurant Atlantis entgegen. Und sie wurden nicht enttäuscht. Das für so ein Event nur das Beste vom Besen in Frage kommt, liegt auf der Hand: «The Blues Giants» mit dem Sänger Sugaray Rayford, den Gitarristen Mike Zito und Albert Castiglia, dem Bassisten Willie J. Campbell und dem Drummer Jimi Bott.
Welcher dieser Musiker wie viele Blues Awards gewonnen hat und wer mit wem, wie viele Male gespielt hat, damit wollen wir gar nicht erst anfangen, die Liste wäre schier endlos. Daher gleich zum Konzert: Die alles dominierende Figur auf der Bühne war ohne Zweifel Sänger Sugaray Rayford. Allein seine physische Präsenz ist phänomenal. Mächtig wie Berg, hüpfte und tänzelte der grosse, schwere Mann wiederholt über die Bühne und wackelte mit den Hüften wie es Elvis Presley nicht besser hingekriegt hätte. Und seine Stimme erst: Mächtig wie ein Truck, der auch auf engsten Landstrassen geschickt zu fahren versteht. Vor allem in den Soul-Balladen erreichte der Sänger mit seiner dunklen, ausdrucksvollen Stimme eine emotionale Tiefe, die ihresgleichen sucht.
An Rayfords Seite stand Mike Zito mit einem glasklaren Sound auf seiner Gitarre. Mit konzentrierter Präzision und stupender Fingertechnik setzte er seine intelligenten Riffs und Licks, wobei es ihm immer gelang, die Balance zwischen Technik und musikalischer Kreativität zu wahren.
Diese Ausgewogenheit zu finden, glückte dem zweiten Gitarristen auf der Bühne, Albert Castiglia weniger. Auch er ein begnadeter Fingertechniker, der sich allerdings öfters in seinen phänomenal schnell gespielten Wiederholungen von Figuren und Arpeggien verlor, worunter der emotionale Ausdruck zu leiden hatte. Zugegeben, «Less is more» ist ein Klischee, in dem aber ein grosses Körnchen Wahrheit steckt.
Für die Rhythmusgruppe mit Bassist Willie J. Campbell und Drummer Jimi Bott gibt es keinen Superlativ, der auch nur annähernd die Leistung dieser Musiker beschreiben könnte. Die Beiden spielten mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks, dabei hoch konzentriert und flexibel, um jederzeit auf das Spiel ihrer Mitmusiker adäquat reagieren zu können.
Am Ende dieses gelungenen Abends verliessen 250 glückliche Basler Musikfans das Lokal. Nach zwei dunklen Dekaden hat das «Tis» zu seiner wahren Bestimmung zurückgefunden: Eines der besten Musiklokale der Schweiz zu sein!